Bürgerantrag erfolgreich: Stadt Köln fasst Beschluss gegen Atomwaffen

13. Mai 2018

der Ausschuss (…) bekräftigt erneut die Unterstützung der Initiative der Vereinten Nationen für die Abschaffung von Atomwaffen als unbedingte Notwendigkeit für den Erhalt der Zivilisation und die Verbesserung menschlicher Lebensgrundlagen sowie als potentiellen Schritt zu internationaler Abrüstung und Entspannung. (Kölner Ratsbeschluss vom 10.04.2018)

Auf Initiative von Erstunterzeichnern aus sozialer Bewegung, Wissenschaft, Kultur, Gewerkschaft, und Kirche haben circa 800 Kölnerinnen und Kölner sich mit einem dringenden Anliegen an den Kölner Stadtrat gewandt: Die Stadt möge sich dafür einsetzen, dass die US-Atomwaffen aus Büchel abgezogen werden und die BRD dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beitritt. Nun hat der „Ausschuss für Anregungen und Beschwerden“ der Stadt Köln, stellvertretend für den Kölner Stadtrat, auf Initiative der Linken, den Grünen, der SPD und der CDU diese Forderungen in einem eigenen Antrag aufgenommen, der einhellig beschlossen wurde.

Dieser Beschluss ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Er kam zustande, obwohl die Vorlage der Verwaltung die formaljuristische Empfehlung beinhaltete, den Antrag aus Gründen der Nichtzuständigkeit abzulehnen. Dagegen wurde sich im Rat auch von den Vertretern der Parteien explizit gewendet: „Rechtspositivismus“ sei in dieser Frage nicht zielführend, vielmehr eine moralische Politik der Vernunft. Damit steht der Kölner Stadtrat auch im Widerspruch zum aktuellen Kurs der Bundesregierung, die abenteuerlicherweise und in schlechter historischer Tradition den Abzug von Atomwaffen aus Deutschland von den USA und damit einem Präsidenten D. Trump abhängig machen. Der Beschluss wäre ohne die zahlreiche Unterstützer nicht möglich gewesen.

Das Bemühen um eine Welt ohne Atomwaffen wird zunehmend zu einem Kristallisationspunkt der Bemühungen der globalen Zivilgesellschaft für eine Welt des Friedens und der Kooperation statt des Kriegs und des Schreckens. Die weltweite Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) hat im letzten Jahr den Friedensnobelpreis erhalten, nachdem die Vereinten Nationen im Juli letzten Jahres in einem historischen Beschluss einen Atomwaffenverbotsvertrag beschlossen hatten. Für die BRD sind die damit eröffneten positiven Möglichkeiten von großer Brisanz: Die Bundesregierung hat die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gegen sich, die sich den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland wünscht. Selbst der Bundestag hat sich 2010 mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen. Vor dem Kölner Beschluss haben das Land Bremen, die Städte Cottbus und Potsdam sowie zahlreiche kleinere Städte und Gemeinden im Osten der Republik ähnliche Beschlüsse für einen Beitritt der BRD zum Vertrag der Vereinten Nationen gefasst, Aktivitäten der Friedensbewegung finden laufend statt und erfahren zum Teil erfreuliche Aufmerksamkeit durch die veröffentlichte Meinung.

Ein solcher Schritt würde den Bruch mit der zerstörerischen Politik der NATO bedeuten, die mit dem Feuer spielt: Jede einzelne der in Büchel stationierten Bomben hat das Vierfache des Zerstörungspotentials der Bomben, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Die USA planen, als „Abschreckungsmaßnahme“ gegen Russland eine „Modernisierung“ und drehen auch damit an der Eskalationsspirale. Der Abzug der Atomwaffen würde bedeuten, dass die Bundesrepublik zum Ausgangspunkt einer neuen Entspannungspolitik wird – was ein unschätzbarer Beitrag zu einer globalen Friedensordnung wäre. Zudem wäre die BRD der erste NATO-Staat, der dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beitritt, der bereits von 56 Nationen unterzeichnet worden ist.

Es geht also darum, mit der Ächtung und Vernichtung der Atomwaffen auch die Eskalationsspirale zu stoppen und Grundlagen zu legen für die Stärkung der Vereinten Nationen, eine Renaissance von Diplomatie und Entspannungspolitik, um die Stärkung der antifaschistischen und friedensbewegten Kräfte weltweit in ihren Bemühungen für eine Welt des Friedens und der Freiheit.

Die Initiatoren der Kampagne wollen nun als nächsten Schritt dafür wirken, dass die Stadt Köln sich für den Abzug der Atomwaffen mit einem offenen Brief an die Bundesregierung wendet und einen entsprechenden Antrag auf dem deutschen Städtetag einbringt. Zudem werden an der Universität Köln aktuell Unterschriften für eine universitäre Mitgliederinitiative gegen Atomwaffen gesammelt, die sich an den Senat der Universität wendet. pef

Für alle Interessierten und auch als Anregung für eine entsprechende Initiative in anderen Städten findet ihr hier zum nachlesen:

– der Bürgerantrag gegen Atomwaffen: http://koelnerfriedensforum.org/wp-content/mediathek/ 2017/09/B%C3%BCrgerantrag-gegen-Atomwaffen.pdf

– persönliche Stellungnahmen von Vertretern der Gewerkschaft, Kultur, Wissenschaft und Kirche zur Unterstützung des Antrags: https://www.friedenkoeln.de/?p=11874

– die Mitgliederinitiative an der Universität:  http://fs-physik.uni-koeln.de/mitgliederinitiative-nuklearwaffen/

Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, nie wieder brennende Bücher!

2. Mai 2018

Lesung anlässlich des 85. Jahrestages der Bücherverbrennung durch die Faschisten am Donnerstag, den 17. Mai 2018, von 11:00 bis 17:00 Uhr, auf dem Albertus-Magnus- Platz, vor dem Hauptgebäude der Uni Köln.
Jede und jeder ist eingeladen, zuzuhören und aus den Werken der AutorInnen, deren Bücher verbrannt wurden, vorzulesen.

„Und doch ist es so – daß Fühllosigkeit gegen das große Geheimnis, das man berührt, wenn man ,Mensch‘ sagt und ,Menschheit‘, den geistigen Tod bedeutet. Das ist keine Wahrheit von gestern und vorgestern, veraltet, reizlos und matt. Es ist die neue und notwendige Wahrheit von heute und morgen, diejenige, die Leben und Jugend für sich hat gegen die falsche und welke Jugendlichkeit gewisser Tageslehren und Wahrheiten.“
Thomas Mann: Vom kommenden Sieg der Demokratie, 1938.

Weitere Informationen und der Aufruf hier: Aufruf zur Lesungen verbrannter Bücher

8. Mai – Befreiung – Was sonst!?

26. April 2018

73 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus ist die Hoffnung der überlebenden Antifaschisten aber auch vieler anderer Menschen „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ vielleicht aktueller denn je. Eine völkische, in Teilen faschistische Partei sitzt nicht nur in den meisten Landtagen, sondern auch im Bundestag, Neonazis dürfen in Sachsen durch die Polizei weitgehend ungestört Hitlers Geburtstag begehen, während Antifaschist(inn)en kriminalisiert werden. Und außenpolitisch stehen die Zeichen nicht auf Verständigung, sondern auf Aufrüstung, Unterstützung von Aggressionen NATO-Verbündeter und einer zunehmenden, geradezu irrationale Züge annehmenden Feindschaft zu Russland.

Der 8. Mai ist für Antifaschist(inn)en ein Tag der Trauer um die Millionen Opfer der Nazidiktatur und des von ihr begonnenen Krieges, ein Tag der Freude über die Befreiung durch die Soldat(inn)en der Alliierten und ein Tag der Mahnung, gemeinsam alles Menschenmögliche gegen Krieg, Rassismus und Faschismus zu unternehmen. In diesem Sinne laden wir alle Interessierten zur Feierstunde am Tag der Befreiung vom Faschismus ein.

 

8. Mai 2018, 18.00 Uhr
Mahnmal am Hansaring
Es sprechen: Stefanie Intveen (Mitglied der DFG/VK)
Ein(e) Vertreter(in) der VVN-BdA Köln

„Erst schießen, dann Fragen stellen“

18. April 2018

MITTWOCH, 18.4. von 16 bis 19 Uhr AM NEUMARKT (Seite Schildergasse,U-Bahn)-ECKE ZEPPELINSTR

mit Flugblättern Sandwiches,Aktionen …..

Schon wird versucht, den Raketenüberfall herunterzuspielen, „symbolische Action“ etc. – es bleibt festzuhalten: auch dies war wieder ein Bruch des Völkerrechts, hat die internationale Lage gefährlich an den Rand eines großen Krieges gebracht. Wir wehren uns gegen den mittlerweile „normalen“ Vorkriegszustand, der mit Drohungen und Behauptungen Fakten schafft, die nur in eine Kazasztoph führen können.

Bitte verbeitet diesen Termin – kommt und zeigt Euren Protest!

VORKRIEGSZEIT? WIR MACHEN NICHT MIT!

Stoppt das profitable Geschäft mit dem Waffenhandel!

7. April 2018

Wie skrupellose Waffenhändler, Politiker, Rüstungsmanager und Banker Geld mit Kriegen verdienen – und wie wir dem weltweiten Waffenhandel erfolgreich entgegentreten

Vortrag und Diskussion mit Jürgen Grässlin,
Autor von »Netzwerk des Todes« u. »Schwarzbuch Waffenhandel!«

Freitag, den 13. April 2018, um 19:30 Uhr
im Kleinen Saal des Bürgerzentrums Ehrenfeld, Venloer Str. 429

Zurzeit toben weltweit mehr als 30 Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen. Von Kriegen und Bürgerkriegen profitierten allen voran die Rüstungsproduzenten und -exporteure in den USA, Russland, China, Frankreich und Deutschland. Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI dokumentiert die weltweite Steigerung des Rüstungsexportvolumens von 2002 bis heute um mehr als 50 Prozent. Unterstützt wird diese Entwicklung von Regierungen, die von Frieden reden und zugleich Kriege ermöglichen. Aktuell geht es um die Waffenlieferungen aus der BRD in die Türkei mit völkerrechtswidrigem Einsatz in Afrin und der Region.

Jürgen Grässlin bringt Licht ins Dunkel des weltweiten Waffenhandels und er beantwortet die zentralen Fragen:

  • Wie werden Kriege durch Waffenhandel eingeheizt und verlängert?
  • Wer profitiert vom Geschäft mit dem Tod?
  • Was muss sich ändern, damit Waffenexporte in Krisen- und Kriegsgebiete gestoppt werden?
  • Wie können wir als Friedenskräfte einen weltweiten Stopp des Waffenhandels befördern?

Zum Autor:
Jürgen Grässlin ist unter anderem Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« und Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) sowie Mitbegründer von »GLOBAL NET – STOP THE ARMS TRADE«. Er ist Autor zahlreicher kritischer Sachbücher über Rüstungsexporte sowie Militär- und Wirtschaftspolitik.

Eine Veranstaltung vom Kölner Friedensforum, der DFG-VK Köln, dem Friedensbildungswerk Köln, der Friedensinitiative Sülz-Klettenberg, der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF Köln) und dem Arbeitskreis Zivilklausel an der Uni Köln.

Köln gegen den Krieg in Afrin

20. März 2018

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Keine Unterstützung für Erdogans Krieg

Mittwoch, 21. März 2018, 17 Uhr
vom Rudolfplatz zum Alter Markt

Am 21. März ist Newroz, das Neujahrsfest der Kurdinnen und Kurden. Wir begehen Newroz, indem wir hier zusammen gegen den Krieg des türkischen
Regimes protestieren und uns mit der Bevölkerung in Afrin solidarisieren!
Die Türkei, NATO-Mitglied und EU-Beitrittskandidat, führt seit dem 20. Januar einen völkerrechtswidrigen, blutigen und zerstörerischen Belagerungs- und Besatzungskrieg gegen die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien.
Türkische Kampfjets bombardieren tagtäglich die kurdischen Siedlungen in und um Afrin. Artillerie und Leopard-Panzer aus
deutscher Produktion nehmen Dörfer unter Beschuss, türkische Todesschwadronen und mit dem türkischen Regime verbün-
dete Islamisten morden die Zivilbevölkerung, verwüsten Siedlungen und vernichten die Lebensgrundlagen der dort lebenden
Menschen. Bis Mitte März wurden Hunderte getötet und über 60.000 Menschen mussten ihre an der Grenze liegenden Dörfer
verlassen und wurden so zu Binnenflüchtlingen im eigenen Land.

Für diesen Invasionskrieg der türkischen Regierung gibt es weder ein Mandat oder eine Resolution der UN noch gibt es eine
Erlaubnis durch die syrische Regierung. Somit ist der Krieg gegen Afrin, das seit Jahren über 300.000 arabische Kriegsflücht-
linge aus Aleppo, Jarablus und Idlib beherbergt, schlicht und ergreifend ein Völkerrechtsbruch, ein illegaler und illegitimer
Aggressionsakt.
Trotzdem aber herrscht auf internationaler Ebene Schweigen gegenüber den Verbrechen des türkischen Militärs. Weder von
der Bundesregierung und der EU noch von der Völkergemeinschaft oder der NATO gibt es Versuche und Initiativen, diese
Gräueltaten zu beenden. Der völkerrechtswidrige Krieg wird stillschweigend geduldet.

Die türkische Regierung behauptet, dass der vom Sicherheitsrat ausgerufene Waffenstillstand das Gebiet um Afrin nicht be-
treffe, und sie werde ihren Einmarsch fortsetzen, bis alle „Terroristen“ vernichtet sind. Mit „Terroristen“ meint sie die kurdischen
Volksverteidigungseinheiten (YPG), die zur Zerschlagung des IS (Islamischer Staat) entscheidend beigetragen haben und mit
den USA koalieren.
Diese Doppelmoral der Völkergemeinschaft ist beschämend. Dieser Doppelstandard öffnet weiteren Gräueltaten Tür und Tor
und ermutigt die türkische Regierung, ihren Besatzungskrieg gegen die Zivilbevölkerung in Afrin fortzusetzen und auszuweiten.

Die Kriegsverbrechen in Afrin sind der Bundesregierung genauso bekannt wie die fortgesetzten Menschenrechtsverstöße in der
Türkei. Doch die Bundesregierung schweigt im „Interesse einer Normalisierung des Verhältnisses zur Türkei“ – und macht sich
so mitschuldig an den Verbrechen!

Wir Kölnerinnen und Kölner sagen „Nein zum Krieg des türkischen Regimes!“ Dieser Krieg wird auch mit aus Deutschland
gelieferten Waffen geführt. Die Leopard-Panzer und Haubitzen töten Zivilist*innen in Afrin und zerstören die Lebensgrundlagen
der Bevölkerung.

  • Die Bundesregierung muss sich ohne „Wenn und Aber“ für einen sofortigen Stopp des türkischen Angriffs in
    Afrin/Nordsyrien einsetzen.
  • Alle deutschen Rüstungsexporte in die Türkei müssen umgehend gestoppt werden, eine Modernisierung der
    Leopard-2-Panzer durch Rheinmetall darf nicht stattfinden.
  • Deutschland und die EU sind aufgefordert, sich konsequent gegen eine weitere Gewalteskalation und für Rechtsstaatlichkeit,
    Menschenrechte sowie die Ahndung und Aufarbeitung von Straftaten gegen das Völkerrecht in der Region einzusetzen.

Veranstalter: Plenum „Frieden und Freiheit für die Türkei und Kurdistan“, das aus Friedens-, Menschenrechtsgruppen
und Einzelpersonen besteht.

Wir unterstützen den Aufruf:
Dogan Akhanli · AK Zivilklausel an der Uni Köln · AL – Alternative Liste an der Uni Köln · Antifaschistisches Aktionsbündnis – Köln gegen Rechts · Berivan Aymaz MdL, (Die Grünen) · Joseph Bakir, Künstler Köln · Thomas Baumgärtel, Künstler Köln · Volker Beck · Matthias W. Birkwald, MdB (Die Linke) · Christoph Butterwegge (Politikwissenschaftler) · Bündnis90/Die Grünen Köln · DFG-VK Köln · Dialog-Kreis · DIDF Köln · Die Linke Köln · Die Linke im Rat d. Stadt Köln · Die Linke im Kreistag Rhein-Erft · Friedensforum Köln · Dr. Sharo Garip (Akademiker f. d. Frieden) · Grüne Jugend Köln · Interventionistische Linke Köln · ISO-Köln · Kinderhilfe Mesopotamien e.V. · Kölner Helfen · Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. · Sven Lehmnann MdB, (Die Grünen) · Naturfreunde Köln- Kalk · Osman Okkan (KulturForum Türkei/Deutschland) · SDS Köln · SPD Köln · TÜDAY-Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland e.V. · Günter Wallraff · Murat Yilmaz (AK Frieden Die Linken) · ·Ali Zülfikar, Künstler Köln (Stand 15.3.2018)

28. Januar: Geschichte des Erinnerns an Täter und Opfer

geschrieben von Peter Trinogga

19. März 2018

   Gedenkveranstaltungen, egal, welches Ereignisses gedacht wird, laufen Gefahr, zum Ritual zu erstarren. Die Gefahr wächst, je länger der Anlass des Gedenkens zurück liegt und die Zahl derjenigen, die aus eigener Anschauung berichten können, abnimmt. Sie wird sehr groß, wenn es keine oder nur noch sehr wenige Zeitzeug(inn)en gibt.

Das gilt natürlich auch für die jährlich stattfindende „Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus“ in Köln, die von einem breiten Bündnis von Organisationen veranstaltet aber von einer nur kleinen Gruppe von Aktiven in mühevoller Kleinarbeit inhaltlich vorbereitet wird. Genau diese akribische Vorbereitung eines jährlich wechselnden Schwerpunktthemas ist der Grund dafür, dass die Kölner Veranstaltung der Gefahr, in Routine zu erstarren, entgangen ist. Im Gegenteil, die Auswahl des jeweiligen Themas, seine inhaltliche Erarbeitung und Umsetzung sorgen dafür, dass die Gedenkstunde, die seit vielen Jahren in der Antoniterkirche stattfindet, lebendig bleibt, aufrüttelt und selbst für Menschen, die sich mit dem Faschismus in Köln intensiv beschäftigt haben, in hohem Maß informativ ist. Dafür sei allen Mitwirkenden von Herzen gedankt.

Die Geschichte des Gedenkens von der Befreiung vom Faschismus bis heute: das Thema, das die Veranstalter(innen) in diesem Jahr gewählt hatten, und das auf den ersten Blick sperrig zu sein schien, erwies sich dann als spannender Streifzug durch einen Teil der Geschichte der Bundesrepublik und der in ihr lebenden Antifaschist(inn)en, der von der offiziösen Geschichtsschreibung häufig verdrängt und in den Schulen kaum vermittelt wird,.beschädigt er doch den Mythos des völligen Neuanfangs nach der Befreiung vom Faschismus. Die Geschichte des Gedenkens an die Opfer ist gleichzeitig eine Geschichte der (Re-)Integration der Täter in die bundesdeutsche Gesellschaft und häufig auch in den Staatsapparat.

Genannt wurden Hubert Schrübbers, als Staatsanwalt, bzw. Oberstaatsanwalt auch Ankläger von politisch und rassistisch Verfolgten, der 17 Jahre lang als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Chef des bundesdeutschen Inlandsgeheimdienstes war. Seinen „Gegenpart“ stellte der frühere Vorsitzende der Kölner VVN-BdA Walter Kuchta dar: Als kommunistischer Widerstandskämpfer während des Faschismus verfolgt und jahrelang inhaftiert, war er nach der Befreiung einer der Mitbegründer der VVN und baute in mühevoller Kleinarbeit ein Archiv mit Zeugenaussagen, Prozessdokumenten und Interviews mit und von Naziopfern auf. Ohne seine Arbeit wäre es sehr viel schwerer gewesen, die Teile der Geschichte des Widerstands in Köln und Umgebung, die bisher erarbeitet wurden, eine detaillierte Gesamtdarstellung steht bisher noch aus, zu schreiben. Er machte frühzeitig und unter hohem persönlichen Einsatz auf den Nazijuristen Schrübbers aufmerksam. Integration der Täter einerseits und Bemühungen, sie und ihre Opfer dem Vergessen zu entreißen:

Das gilt auch für den Juristen und Naziverbrecher Kurt Lischka sowie Beate Klarsfeld, die auf den Fall Lischka aufmerksam machte Wobei „aufmerksam machen“ den Sachverhalt nur unzureichend widergibt: Beate und Serge Klarsfeld versuchten den ehemaligen SS-Obersturmbannfüherer und Gestapomann, der in Frankreich in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, von der Bundesrepublik aber nicht ausgeliefert wurde und als angesehener Bürger in Köln lebte, zu entführen. Dadurch wurde der Skandal erst öffentlich und ein Prozess, der europaweit Beachtung fand, möglich. In diesen und anderen Fällen wurde in der Gedenkveranstaltung die Existenz des anderen, antifaschistischen Deutschlands belegt und der Menschen gedacht, die die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis und den Widerstand gegen die braunen Machthaber lebendig erhielten und erhalten.

Zu ihnen gehört auch Tamar Dreifuss: Als jüdisches Kind Der Ermordung nur um Haaresbreite durch den Mut ihrer Mutter entronnen, schrieb sie Jahrzehnte später ihre Geschichte in kindgerechter Form auf und informiert bei Schulbesuchen Kinder und Jugendliche. Sie leistet damit einen riesigen Beitrag, die Erinnerung wachzuhalten, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Passend zu Tamar Dreifus´ Worten, die sie nach dem Mahngang zum versteckt liegenden Mahnmal am Hauptbahnhof an die Teilnehmer(innen) richtete und ähnlich berührend waren die von Katharina Müther eindrucksvoll interpretierten jiddischen Lieder.

Bei allem berechtigten Lob bleibt ein bitterer Beigeschmack: Die Beiträge der Vorbereitungsgruppen, die mit großem Zeitaufwand und viel Mühe und Leidenschaft erarbeitet wurden, werden nicht öffentlich dokumentiert und sind damit verloren, obwohl es mit Sicherheit ein großes Interesse an ihnen gäbe. Es wäre deshalb dringend erforderlich, dass sie durch eine Publikation im Internet bewahrt blieben.

Oscar – Romero Haus Bonn

geschrieben von kf

19. März 2018

Die Stadt Bonn hat am 18.05.2017 in einer Stellungnahme mitgeteilt, dass am Oscar Romero Haus in der Heerstr. 205 eine Gedenktafel aus Bronze angebracht wird, um an diesem Ort den Verfolgten des Nationalsozialismus zu gedenken. Die Verwaltung wird die erforderlichen Mittel dafür im Rahmen der nächsten Aufstellung des Haushaltes anmelden, um die Installation der Gedenktafel aus Bronze beauftragen zu können.

Ein kurzer Abriss zur Geschichte des Hauses:

Das Gebäude, in dem sich das Oscar-Romero-Haus befindet, hat eine lange, zu großen Teilen eher  unangenehme Geschichte, die bereits im 19. Jahrhundert beginnt. Im Folgenden findet sich ein kleiner Überblick über die Geschichte des Gebäudes und der anschließenden Gründung des Oscar-Romero-Hauses. “Euer wohlgeboren benachrichtige ich hiermit, daß das neu erbaute Kreis-Cantongefängniß in der Viktoriastraße hierselbst heute bezogen worden ist. ”Mit dieser kurzen Nachricht des Landrats von Sandt beginnt die Geschichte des Gebäudes an der heutigen Heerstraße. Im Jahr 1867 kauft der Kreis ein Grundstück zur Errichtung eines neuen Kantonsgefängnisses, das am 12. Januar 1869, nach zweijähriger Bauzeit, bezogen wird. Damalige Adresse: Viktoriastraße 27. Von 1894 bis 1930 dient der Bau als Frauengefängnis. Ab dem Jahr 1930 wird das größere Gefängnis in der Wilhelmstraße als Frauengefängnis genutzt, die katholische Caritaszentrale plant den Umbau des Hauses in der Viktoriastraße zum Obdachlosenasyl. Seit dem 1.April 1933 gilt das Haus als an die SS verpachtet bzw. vermietet, die es als SS-Heim, aber auch als Gefängnis “nutzt”. Am 11. Juli 1933 wird hier der Kommunist Josef Messinger zu Tode gefoltert. Von 1945 bis 1962 wird das Haus von der Verwaltung als Ausweichquartier genutzt, nach einem Umbau 1963 dient es als Notwohnung für “zahlungssäumige Mieter”. Das Haus verkommt, und im Rahmen des U-Bahnbaus erwägt die Stadt Bonn den Abriss. Im Jahr 1973 zieht Martin Huthmann, Pfarrer der Katholischen Studentengemeinde (KSG), in das Haus ein und setzt es mit engagierten Studierenden wieder instand. Ein erfolgreicher Spendenaufruf ermöglicht es dem neu gegründeten Förderkreis 1982, das Haus zu kaufen. Im gleichen Jahr erhielt es auch den Namen des ermordeten Erzbischof von San Salvador: Oscar Romero.

 

 

 

 

Kriegsendphasenverbechen in Köln

19. März 2018

In der Schlussphase des Krieges herrschte der blanke Terror. Die Gestapo machte von der Möglichkeit der „Sonderbehandlung“ massiv Gebrauch, d.h. von Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil. Im Hof des EL-DE-Hauses, der Gestapozentrale, stand ein Galgen, an dem eine nicht genau bekannte Zahl, bei einzelnen Aktionen aber mehr als 100 Personen, erhängt wurden. Außerdem fanden dort auch Erschießungen statt.
Im Hof des Klingelpütz fand man nach der Einnahme Kölns die Leichen von Häftlingen, die unmittelbar vor dem Abzug der Gestapo noch erschlagen worden waren. Im Klingelpütz wurden nachweislich auch 70 Deserteure mit dem Fallbeil getötet.
Neben dem Klingelpütz wurde ein schon von den Preußen errichteter Schießstand in Dünnwald in der NS-Zeit von der faschistischen Militärjustiz genutzt, um gerade in der Endphase noch Deserteure hinzurichten. Inzwischen weiß man von 25 Erschießungen, 2 davon im März und April 45, der jüngste Hingerichtete war erst 18 Jahre alt.
In Brauweiler waren im Frühjahr 45 noch viele Gefangene des Gestapokommandos Kütter untergebracht, u.a. die vielen Verhafteten des Nationalkomitees Freies Deutschland, die im November 44 festgenommen worden waren. Sie wurden kurz vor dem Einmarsch der Alliierten ins Zuchthaus Siegburg gebracht, obwohl dort eine Fleckfieber-Epidemie herrschte. Gauleiter Grohé drang darauf, alle diese Gefangenen zu erschießen und erwirkte auch noch einen entsprechenden „Führerbefehl“, von Bormann unterzeichnet. Zur Ausführung aber kam es nicht mehr. Von Siegburg aus waren trotz Typhusepidemie zwei Trecks in Bewegung gesetzt worden in das sog. Arbeitserziehungslager Wipperfürth und von dort nach Hunswinkel sowie in das Jugendgefängnis Marienschloss im hessischen Rockenberg.

Der Evakuierungsmarsch von Siegburg nach Wipperfürth war äußerst brutal. Gabriele Lotfi schildert es in ihrem Buch „KZ der Gestapo – Arbeitserziehungslager im Dritten Reich“ so: „Zahlreiche Männer und Frauen mussten gefesselt marschieren. Die Kranken, die dem Hunger und den Strapazen des Fußmarsches nicht gewachsen waren, wurden nicht zurückgelassen, sondern auf einen Wagen gehoben und sterbend nach Wipperfürth transportiert, ebenso mindestens 15 Tote, die am Wegesrand liegen geblieben waren. Die Gefangenen erlebten auf dem Weg mehrere Tieffliegerangriffe von Jagdbombern, während derer sie vom Stapo-Personal mit Maschinenpistolen daran gehindert wurden, in Deckung zu gehen.“ Unter den Teilnehmern dieses Marsches waren etliche Mitglieder des „Volksfrontkomitees Freies Deutschland“, darunter Jakob Zorn, Grete Humbach und Reinhold Heps. In dem hoffnungslos überfüllten Lager in Wipperfürth trafen die Brauweiler Häftlinge auf mehrere hundert aus dem Kölner Klingelpütz evakuierte Gestapoopfer. Beim Weitertransport nach Hunswinkel konnten einige fliehen, darunter Jakob Zorn und Reinhold Heps. Bei dem Transport ins hessische Rockenberg waren u.a. Heinz Humbach, Ferdi Hülser, Ferdi Steingass und Jean Jülich dabei.

Am 1. März 1945 wurde auch das sog. Judenlager geräumt in Müngersdorf geräumt, da die Alliierten Truppen näher rückten. Die Kranken wurden auf Handwagen nach Deutz gebracht, in einen noch erhaltenen Teil des Messelagers. Die restlichen Gefangenen mussten zu Fuß über Wipperfürth ins sauerländische Hunswinkel marschieren. Gabriele Lotfi: „Dieser Marsch wurde von den Gefangenen als äußerst brutal beschrieben. (Lagerleiter) Brodesser prügelte persönlich Gefangene, die erschöpft zurückblieben, mit seinem Eichenknüppel oder trat sie mit seinen Stiefeln, bis sie sich weiterschleppten. Mehrere halbjüdische Männer starben hungernd und ausgezehrt noch auf dem Weg oder gleich nach ihrer Ankunft in Hunswinkel.“

Gedenkfahrt am 3. März 2018: Vergessene Massenverbrechen in der Kriegsendphase

geschrieben von ub

19. März 2018

Kurz vor der Befreiung von Krieg und Faschismus wurden im Frühjahr 1945 noch tausende Antifaschistinnen und Antifaschisten von den Nazis „ausgeschaltet“ und ermordet. Diese Massenmorde wie auch die Massaker in den Konzentrationslagern und auf den Todesmärschen von den KZs nach Westen entsprachen dem Nachkriegs- und Überlebenskonzept des deutschen Faschismus. Gestapochef Müller hatte versichert: “Wir werden nicht den gleichen Fehler machen, der 1918 begangen wurde; wir werden unsere innerdeutschen Feinde nicht am Leben lassen.“ Um an diese Verbrechen zu erinnern, hatte die VVN-BdA Landesorganisation für den 3. März zu einer Gedenkfahrt eingeladen.
Um 10.30 Uhr begann der Tag mit einer Kundgebung an der Gedenktafel am Bahnhof Deutz/Tief, die an die Deportation von über 1500 Roma und Sinti und über 11000 Juden ab 1940/41 aus Köln erinnert. Bundessprecher Ulli Sander würdigte hier in seiner Rede vor allem den starken Widerstand, den es in der Schlussphase des Krieges in Köln gab. Viele der im November 1944 verhafteten Mitglieder des Nationalkomitees Freies Deutschland waren unter denjenigen, die im März 45 noch auf  die Märsche ins Bergische Land geschickt wurden.

Die Fahrt führte dann nach Lindlar. Auf dem Kirchplatz vor St. Severin wartete das Bündnis „Lindlar ist bunt nicht braun“. Eine Gedenktafel an St. Severin erinnert an die 10 ermordeten Zwangsarbeiter, die auf dem Kirchplatz begraben wurden und an die unzähligen weiteren Opfer der Zwangsarbeit in den Steinbrüchen und Betrieben rund um Lindlar. Im Gemeindehaus war ein Imbiss vorbereitet und es war Gelegenheit zur weiteren Information und Diskussion.
Um 15 Uhr war dann die Versetalsperre erreicht. Dort, wo wir jetzt auf das stille Wasser der Talsperre blickten, stand im Frühjahr 45 noch das Arbeitserziehungslager Hunswinkel. Aus dem Rheinland wurden mehr als 600 Häftlinge während der letzten 6 Wochen vor Kriegsende hierhin getrieben. Wie viele dabei starben oder getötet wurden, ist nicht bekannt. Die Friedengruppe Lüdenscheid hatte den Bus erwartet. Die Ballade von Hunswinkel erklang. Dann sprach Matthias Wagner, der mit seinen Recherchen diese Fahrt vor allem vorbereitet hatte, über die Verbrechen, die an diesem Ort passiert waren.

 

 

Das Arbeitserziehungslager Hunswinkel im Versetal (heute: Versestausee) südöstlich von Lüdenscheid war der schrecklichste Ort der NS-Zeit in Lüdenscheid und im Kreis Altena. Es war das erste Arbeitserziehungslager außerhalb von Berlin in der NS-Zeit und wurde im August 1940 von der Polizei (in Düsseldorf), vom Arbeitsamt (in Essen) und von den Arbeitgeberverbänden eingerichtet, um kritische Arbeiter zu „erziehen“: durch Schläge, durch Quälereien, durch Schwerstarbeit im Laufschritt, durch Hunger, durch erniedrigende Behandlung u.a. Als ab 1942 russische Zwangsarbeiter eingewiesen wurden, stieg die Zahl der Todesfälle rasch an und betrug bis zum Ende des Krieges 514.
Insgesamt waren hier ca. 5.000 „Erziehungshäftlinge“ inhaftiert. Sie schufen zum großen Teil das Versestaubecken und die Staumauer mit wenigen Maschinen und viel schwerer Körperarbeit. Hauptprofiteur war der Baukonzern Hochtief, der mit dem Bau der Talsperre beauftragt war.
Zwei Erinnerungstafeln auf dem Parkplatz an der Klamer Brücke, das Russenfeld im nördlichen Teil des Friedhofs Loh und der Friedhof/Gedenkstätte Hühnersiepen zeugen von den tödlichen Misshandlungen in dem Lager.

Im Café „Der kleine Prinz“ lud die Friedensgruppe Lüdenscheid dann noch zu Kaffee und Kuchen ein, bevor es auf die Rückfahrt nach Köln ging. Die Forschung zu den Kriegsendphasenverbrechen ist bei weitem nicht abgeschlossen und es wurde angeregt, auch in Zukunft weitere solcher Fahrten durchzuführen.

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