Seit 2008 instrumentalisieren Nazis den Tod eines Jugendlichen in Stolberg für ihre rassistische Propaganda. Dabei ist ihr Ziel in Stolberg einen Märtyrerkult aufzubauen, ähnlich dem, der etwa im schwedischen Salem besteht. In Neonazikreisen setzte sich eine Konstruktion der Ereignisse durch, die auf Opfermythos, Märtyrerkult und Rassismus setzt. Es wurde ein Bild gezeichnet, nachdem die Tat nur ein weiteres Beispiel für eine ständige Verfolgung „der Deutschen“ durch MigrantInnen, durch Linke und durch eine breite Öffentlichkeit sei, gegen die sie sich gemeinsam, entschlossen und gewaltsam zur Wehr setzten müssten.
Kevin P., der Getötete wurde stilisiert zum ‚Held, der für Deutschland fiel’, zum ‚Soldat, im Kampf ermordet’, zum ‚Märtyrer für die national(sozialistisch)e Sache’, eben als einer der ihren. Und wenn schon nicht einer der ihren, denn in dieser Frage sind sich die Neonazis nicht einig, so war er doch wenigstens „ein junger Deutscher“. Dass es sich bei dem Streit um einen sogenannten Beziehungsstreit handelte, erwähnten sie nicht.
Für die Nazis entwickelt sich Stolberg zu einer Großveranstaltung. So versammeln sich jedes Jahr im April zwischen 500 und 800 Nazis in Stolberg um ein symbolisches Datum zu schaffen, mit dem bundes-, wenn nicht europaweit ein Aufmarschanlass geschaffen und zudem eine teils taktisch zerstrittene Szene geeint werden kann.
Für Neonazis sind kollektive Veranstaltungen wie Aufmärsche nicht nur wichtig, um Rassismus und Nationalismus öffentlich zu propagieren. Sie festigen auch das Selbstbild eines kollektiven „Wir“ der TeilnehmerInnen. Jeder erfolgreich durchgeführte Aufmarsch wirkt motivierend, stabilisierend und ideologisierend auf die NS-Szene. Die Auswirkungen zeigen sich in verstärkter überregionaler Vernetzung, aber auch im Kleinen; durch ein alltägliches offensives, gewalttätiges Auftreten von NeofaschistInnen in Stolberg, Düren, Aachen – Städte, in denen Menschen zunehmend Opfer von Nazigewalt werden.
Nazis blockieren – Den Märtyrerkult stoppen!
Nicht zuletzt die Blockaden in Dresden, Wunsiedel, Lübeck und Köln haben bewiesen, dass es mit vielen Menschen möglich ist, Naziaufmärsche zu verhindern. Durch die bisherigen Aktionen in Stolberg wurden die Naziaufmärsche nicht aufgehalten. Um effektiv etwas gegen den entstehenden Märtyrerkult erreichen zu können, um dem rechten Gedenken ein Ende zu setzen, um zu verhindern, dass Neonazis ihre rassistische Propaganda verbreiten, werden wir mit allen, die diese Aufmärsche effektiv verhindern wollen, die Nazis Anfang April 2011 blockieren. Dieses Ziel eint uns über alle sozialen, politischen und kulturellen Unter-schiede hinweg! Doch damit eine solche Blockade erfolgreich wird, bedarf es eines großen Bündnisses.
Wir sind davon überzeugt, dass eine Vielfalt von Protesten, von solidarischen Protesten, uns nicht nur unseren Zielen näher bringt, sondern uns auch lernen lässt, welcher Wert in Differenz und in der Vernetzung steckt.
Wir werden mit allen, die den Nazis keinen Raum geben wollen, gemeinsam zivilen Ungehorsam leisten und die Naziaufmärsche im April 2011 in Stolberg blockieren.
Aktionskonsens: Von den aufrufenden Gruppen wird ziviler Ungehorsam in Form von Menschenblockaden gegen den Naziaufmarsch geleistet. Es geht von uns dabei keine einseitige Eskalation aus. Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.