SPD-Ehrenfeld: Stromlinienförmiger Zeitgeist oder Geschichtsvergessenheit?

9. Mai 2024

In Neuehrenfeld gibt es ein „Chinesenviertel“, in dem sich auch unser VVN-Büro befindet. „Viertel“ ist dabei gewaltig übertrieben – in Wirklichkeit handelt es sich um 5 Straßen, deren Namen auf die deutsche Kolonialpolitik gegen China Anfang des 20. Jahrhunderts zurückgehen.

Europäische Kolonialmächte (darunter das kaiserliche Deutschland), die USA und Japan engagierten sich politisch, wirtschaftlich und militärisch in China, ein Aufstand gegen die koloniale Unterdrückung („Betreten für Hunde und Chinesen verboten!“) wurde gemeinsam überaus blutig niedergeschlagen. Einen Eindruck vom Menschenbild der Kolonialisten vermittelt die Rede, die Kaiser Wilhelm II. bei der Verabschiedung deutscher Truppen nach China am 27.7.1900 in Bremerhaven hielt: „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer Euch in die Hände falle, sei Euch verfallen! Wie vor 1.000 Jahren die Hunnen… sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt… gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutscher in China auf 1.000 Jahre durch Euch in einer Weise bestätigt werden, dass niemals wieder ein Chines es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen“ (zitiert nach: Wörterbuch Geschichte, Köln, 1984). Die Rede ging als „Hunnenrede in die Geschichte ein.

Über die Straßennamen rund um den Takuplatz wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite stehen die, die die Kolonialvergangenheit Deutschlands auch auf geschichtspolitischer Ebene endlich beenden möchten, auf der anderen Seite die Anwohner(innen) der Straßen, die ihre Adressen unverändert behalten wollen und ihre Unterstützer(innen) von rechts, die deutschem Großmachtstreben generell positiv gegenüberstehen.

Den Vogel schoss allerdings kürzlich der Ehrenfelder Ortsverein der SPD ab. Anlässlich eines Gutachtens der Kölner Professorin Marianne Bechhaus-Gerst zum Namensproblem greifen die wackeren Sozialdemokraten zum Mittel der zeitgeistkonformen Denunziation. Sie monieren, dass sich das betreffende „Gutachten auf Veröffentlichungen aus dem Umfeld des Konfuzius-Instituts an der FU Berlin“ stütze. Dieses Institut stehe ,wegen seiner finanziellen Nähe zur Kommunistischen Partei Chinas in der Kritik‘, eine andere zitierte Autorin, Professorin Mechthild Leutner, ,wegen Verharmlosung der chinesischen Internierungslager in Xinjiang‘“ (Kölnische Rundschau, 9.4.24, S. 26).

Abgesehen davon, dass beide Vorwürfe absolut nichts mit dem Inhalt des Gutachtens zu tun haben, der auch gar nicht in Frage gestellt wird, ist zu fragen, wie geschichtsvergessen die Ehrenfelder Genoss(inn)en eigentlich sind? Die Vergangenheit ihrer Partei scheint sie nicht die Bohne zu interessieren (falls sie sie überhaupt kennen). Auf dem SPD-Parteitag in Mainz (17. – 21.09.1900) wurde zum Thema deutsche Kolonialpolitik folgendes einstimmig beschlossen:

„Der Parteitag erklärt im besonderen:

Die deutsch-chinesische Kriegspolitik … beruht, außer auf der allgemeinen Profitwut der Bourgeoisie, auf mililtärischer Ruhmsucht und der chauvinistischen und ehrgeizigen Leidenschaft, ein ,größeres Deutschland‘ zu schaffen.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hält diese Politik für verwerflich und erhebt den entschiedensten Widerspruch gegen die abenteuerliche, gewaltsame Chinapolitik der Regierung, welche für das Volk schwere Gefahren herbeiführt und ungeheure Opfer an Gut und Blut erfordert….

Der Parteitag fordert schließlich alle Organe der Partei auf, durch energische Ausbreitung der Protestbewegung die volksschädliche Chinapolitik zu bekämpfen.“ (zitiert nach: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, Berlin, 1967).

Hätte es nicht ausgereicht, den Unwillen der Anwohner(innen), ihre Adressen zu ändern, zu artikulieren? Oder einfach den Mund zu halten? Oder am besten: Kolonialismus als das zu bezeichnen, was er ist – ein Verbrechen? Aber jede(r) blamiert sich, so gut er/sie kann. Vielleicht ist das ja auch der Grund dafür, dass die peinliche Stellungnahme auf der Homepage der Ehrenfelder SPD nicht (mehr) zu finden ist.

Demokratischer Ratschlag

28. April 2024

75 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
75 Jahre Angriffe auf demokratische Rechte und Freiheiten

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Noch unter dem Eindruck der faschistischen Gewaltherrschaft enthält es bindende rechtsstaatliche Prinzipien und 19 unveräußerliche demokratische Grundrechte. In den 75 Jahren seines Bestehens ist es über sechzigmal (!) geändert worden. Durch Wiederbewaffnung und Notstandsgesetze, Beschneidung des Asylrechts, den „Großen Lauschangriff“, diverse Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie Angriffe auf gewerkschaftliche Rechte wurde es immer weiter ausgehöhlt.
Auch der sog. Radikalenerlass von 1972 stellte eine eklatante Verletzung der im Grundgesetz verankerten Rechte dar. Damit wurde angeblichen „Verfassungsfeinden“, fast ausschließlich linken Oppositionellen, bis weit in die 1980er Jahre durch Berufsverbote der Zugang zum Öffentlichen Dienst verwehrt. Unter dem Vorwand, dem Erstarken rechter und antidemokratischer Kräfte entgegenzuwirken, wird er jedoch ganz aktuell wieder neu aufgelegt, z. B. bei der Verschärfung des Disziplinarrechts für den Öffentlichen Dienst durch die Bundesregierung und im Land Brandenburg.
Seit vielen Jahren setzen wir Betroffenen des sog. Radikalenerlasses uns ein für seine endgültige Abschaffung und unsere Rehabilitierung. Es geht uns aber vor allem auch darum, einen weiteren Abbau demokratischer Grundrechte zu verhindern. Zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes laden wir daher alle demokratischen Kräfte – Gewerkschaften, soziale, ökologische und demokratische Bewegungen, Initiativen, Bildungs- und Forschungsträger*innen – ein zu einem

„Demokratischen Ratschlag“
am Mittwoch, 22. Mai 2024, von 18:00 – 22:00 Uhr
im Rathaus Bonn-Beuel

Wie wir unsere Grundrechte schützen bzw. wiederherstellen können, wollen wir bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung beraten mit:
•Maike Finnern, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
•Prof. Dr. Josef Foschepoth, Historiker, Autor des Buches „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“
•Dr. Rolf Gössner, Jurist, Publizist und Bürgerrechtler
•Joachim Kerth-Zelter, Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen
•Dr. Ulrich Schneider, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
•Werner Siebler, Berufsverbotsbetroffener bei der Post

Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Grundgesetzes!

8. Mai 2024 – 79. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

25. April 2024

Gedenktag, Feiertag, Aufruf zum Handeln

Am 8. Mai jährt sich der Tag der Befreiung Deutschlands von Faschismus und Krieg – ein Grund zum Feiern, viel mehr noch aber ein Grund, der Opfer zu gedenken und Lehren aus Faschismus und Krieg zu ziehen. Millionen Menschen waren Opfer des Naziregimes: 6 Millionen jüdische Menschen, 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion, hunderttausende Menschen in ganz Europa, die Widerstand gegen die Besetzung ihrer Heimatländer leisteten, Gegner der Nazis aus allen politischen Lagern und viele weitere Menschen, die Terror und Krieg des deutschen Faschismus zum Opfer fielen.

Mit der Niederlage der deutschen Wehrmacht bei Stalingrad (heute Wolgograd) trat eine Wende im Kriegsgeschehen ein. In der öffentlichen Diskussion weniger bekannt und noch weniger gewürdigt, ist die Tatsache, dass es am 27. Januar 1944, vor 80 Jahren, Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee gelang, die Hungerblockade Leningrads nach 872 Tagen endgültig zu zerschlagen. Sie beendeten damit ein beispielloses Kriegsverbrechen, in dem über 1,1 Millionen Bewohner der Stadt, in erster Linie Kinder, Jugendliche, alte und kranke Menschen, starben. Die meisten von ihnen verhungerten oder erfroren.   Die Nazis nahmen dieses Massensterben nicht billigend in Kauf, sie versuchten ganz bewusst, die eingeschlossenen Menschen auszurotten. Bis heute haben nur ganz wenige Überlebende eine Entschädigung von Deutschland erhalten. Auch andere Schicksale wirken bis heute nach: aus der Sowjetunion entführte ZwangsarbeiterInnen starben entweder in Deutschland oder wurden, sofern sie überlebten und heimkehren konnten, dort verachtet und diskriminiert. Die Stadt Köln unterstützt sie und ihre in Deutschland geborenen Kinder bis heute in unserer Partnerstadt Wolgograd.

Nach der Befreiung waren sich die meisten Menschen Europas einig: Nie wieder sollte es Faschismus und Krieg geben. Doch ihre Hoffnungen waren trügerisch, die Voraussetzungen für eine Welt des Friedens und der Freiheit wurden, allen Versuchen zum Trotz, nicht geschaffen. Heute herrscht wieder Krieg in vielen Ländern der Erde und es zeigt sich überdeutlich: Kriege sind heute nicht mehr gewinnbar. Es gibt keine Alternative zu Völkerverständigung, Verhandlungen und Abrüstung, um die Welt friedlicher und sicherer zu machen. Die Forderung „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“ ist heute so aktuell wie vor 79 Jahren und verlangt aktuell von uns für Waffenstillstand statt Waffenlieferungen einzutreten.

Feierstunde anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus:

8. Mai 2024, 17.30 Uhr

Mahnmal für die Opfer des Faschismus in der Grünanlage am Hansaring (Hansaplatz)

Es laden ein:

Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln – Wolgograd e.V.
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund Der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Köln e.V.
Kölner Friedensforum

„Schafft Rote Hilfe!“ – Die Rote Hilfe Deutschlands in der Weimarer Republik und unter dem NS-Faschismus

6. März 2024

Anlässlich des 100-Jährigen Bestehens der Roten Hilfe widmen wir uns in einer Veranstaltung den Anfängen in der Weimarer Zeit und der anschliessenden Illegalität unter dem Faschismus. Ihr seid herzlich dazu eingeladen:  


Donnerstag, 14.03. um 19 Uhr im „Raum für alle“, Genovevastr. 94/Ecke Keupstr., Köln-Mülheim

Die 1924 gegründete Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war eine KPD-nahe Solidaritätsorganisation mit zuletzt rund einer Million Mitgliedern, unterstützt von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Erich Mühsam, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Albert Einstein oder Thomas Mann. Sie setzte sich für die politischen Gefangenen und deren Familien ein, bezahlte Anwält*innen für Angeklagte und protestierte mit Kampagnen gegen staatliche Repression. Nach dem Verbot durch die Nazis im März 1933 war die RHD jahrelang im Untergrund aktiv. Der Vortrag gibt einen Überblick über die RHD in beiden Epochen und greift Beispiele aus der Region auf.

Die Referentin Silke Makowski ist Verfasserin der Broschüre: „Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern“. – Die Rote Hilfe Deutschlands in der Illegalität ab 1933.

Veranstaltet von der Roten Hilfe Ortsgruppe Köln-Leverkusen und dem Hans Litten Archiv

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Feierlichkeiten zu „100 Jahre Rote Hilfe“ statt.

100 Jahre Esther Bejarano: Lesung – Konzert – Ausstellung

23. Januar 2024

Antisemitismus heute – und was dagegen zu tun ist

16. Dezember 2023

Rassistisch motivierten Antisemitismus gibt es nicht nur in Deutschland seit dem 19. Jhd., religiösen Judenhass in ganz Europa seit dem Mittelalter. Dieser Hass gegen jüdische Menschen fand seinen eliminatorischen Höhepunkt im Holocaust der Nazis, der planmäßigen und industriellen Vernichtung von 6 Millionen jüdischer Kinder, Frauen und Männer. Neofaschistischen Antisemitismus, Hetze gegen jüdische Menschen gab es auch nach der Befreiung und in der späteren Bundesrepublik Deutschland, erinnert sei nur an die Hakenkreuz-Schmierereien an der Kölner Synagoge im Dezember 1959. Auch wenn sich Formen und Schlagworte geändert haben, sehen wir bis heute antisemitische Hetze rechter und neofaschistischer Parteien und Gruppen. Verstärkt werden antisemitische Vorfälle seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem darauf folgenden Krieg im Gazastreifen registriert.

Dr. Ulrich Schneider, Historiker und Publizist (u.a. Antisemitismus im Dritten Reich), berichtet über Geschichte, Funktion und Gegenwart des Antisemitismus in Deutschland – denn nur was wir verstanden haben, können wir auch mit Aussicht auf Erfolg bekämpfen.

Veranstalterinnen: VVN-BdA Köln und Kölner Friedensforum

Donnerstag, 18.01.2024, 19.30 Uhr

Friedensbildungswerk

Lesung: Fritz Bilz „Im Schatten des Kölner Doms“

19. November 2023

Unsere nächste Veranstaltung:

Samstag, 9. Dezember 2023, 16.00 Uhr

Fritz Bilz liest aus seinem Buch „Im Schatten des Kölner Doms – Bausteine einer Gegengeschichte“. Anschließend Gelegenheit zur Diskussion.

Ort: Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3, Offener Treff (Gebäude auf der rechten Seite, neben dem Infobüro)

Hier die Rezension aus der letzten „Antifaschismus heute“:

Benötigen wir noch Bausteine zum Dom?

Über den Dom (und wenn KölnerInnen einfach nur „Dom“ sagen, meinen sie immer den Dom, nämlich ihren) gibt es unzählige Veröffentlichungen. Bücher, Aufsätze, Filme, Funkbeiträge – die Menge ist unübersehbar. Brauchen wir wirklich noch eine, noch dazu eine, die zwar in einem Kölner Verlag erschienen ist, der sich aber sicher nicht als Verlag für Kölnliteratur versteht, sondern als Veröffentlichungsplattform für engagierte, fortschrittliche Bücher?

„Im Schatten des Doms zu Köln – Bausteine einer Gegengeschichte“ hat unser Kamerad Fritz Bilz sein neuestes Buch genannt, das bereits im zweiten Jahr seiner Existenz auf dem Buchmarkt in einer zweiten Auflage vorliegt. Dieser Verkaufserfolg ist schon mal ein erster Hinweis darauf, dass es viele Menschen gibt, die der Meinung sind, dass es durchaus noch ein Buch über den Dom geben sollte. Vielleicht auch deshalb, weil der Titel in die Irre führt. Geht es doch in Wirklichkeit gar nicht in erster Linie um den Dom als Bauwerk, als wunderschönes Beispiel für gotische Kathedralarchitektur, als Zeugnis ingenieurtechnischer Meisterleistungen und die Jahrhunderte überdauernder Handwerkskunst, sondern um gute 1.600 Jahre christlicher Herrschaft und katholischen Einflusses in, über und auf das hillije Kölle.

Insofern ist der Untertitel „Bausteine einer Gegengeschichte“ treffend, aber wer würde schon ein Buch mit einem solchen Titel erwerben wollen? Genau genommen handelt es sich um 18 Bausteine, die der Wortbaumeister Fritz Bilz zu einem kleinen Buchgebäude zusammengefügt hat. Er beginnt beim Bau der ersten christlichen Kirche auf dem hervorgehobenen Platz, auf dem der Dom immer noch steht (wie hervorgehoben lässt die architektonische Todsünde der Domplatte leider nur noch erahnen), behandelt Pogrome gegen die jüdischen BürgerInnen Kölns, die Verbrechen gegen Frauen während des jahrhundertelangen Hexenwahns, den Terror gegen Andersgläubige während der Gegenreformation, das Mit- und Gegeneinander von Thron und Altar im 19. Jahrhundert (dem wir die Fertigstellung des Doms überhaupt erst zu verdanken haben), die schmähliche Haltung der katholischen Amtskirche während des Faschismus und endet mit dem andauernden Skandal der jährlich stattfindenden Soldatengottesdienste und den viel zu langsam aufgearbeiteten Missbrauchsfällen gegen Kinder durch Geistliche.

Fritz Bilz´ Arbeit stellt sich in eine Reihe mit den nicht sehr zahlreichen kritischen Veröffentlichungen zur Kölner Geschichte – die katholische Kirche war jahrhundertelang der bestimmende Faktor dieser Geschichte und ist bestimmt auch heute noch ein bestimmender Faktor. 1979 erschien im Vorläufer des PapyRossa-Verlages, dem Pahl-Rugenstein Verlag, der leider dem historischen Roll-Back der „Wende“ zum Opfer fiel, die bis heute unverzichtbare Veröffentlichung „Das andere Köln – Demokratische Traditionen seit der Französischen Revolution“.

Das hier besprochene Buch ist eine Art Nachfolger, rein materiell weniger umfangreich zwar und ohne akademischen Anspruch (inhaltlich aber wissenschaftlich solide) und einen größeren Zeitraum behandelnd. Enthielt der Vorläufer eine Reihe von Aufsätzen (u.a. vom damaligen Kölner Vorsitzenden der VVN-BdA, Walter Kuchta), hat Fritz Bilz Bausteine geliefert. Es wäre schön (und dringend nötig), wenn diese Bausteine, wie auch viele andere Einzeldarstellungen Material für ein größeres Buchgebäude zur Kölner Geschichte aus fortschrittlicher Sicht werden könnte.

Um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen: Brauchen wir eine solches Buch? Wir brauchen es und, was nicht unwesentlich ist, es bereitet auch noch großes Vergnügen, es zu lesen.

Asylrecht statt Unrecht – Für den Erhalt des individuellen Rechts auf Asyl

27. August 2023

Das Bündnis „Köln zeigt Haltung“* ruft auf, sich gegen die aktuellen Beschlüsse der europäischen Asylpolitik und gegen stigmatisierende Trends und Äußerungen aus bundesdeutscher Politik zu positionieren!
Demo und Kundgebung: Sa, 09.09.23, 13:30 Uhr: Auftakt Roncalliplatz am Kölner Dom

Asylrecht statt Unrecht!
Die Regierungen der Europäische Union wollen die Rechte Geflüchteter, die vor politischer Verfolgung, Krieg und Vertreibung fliehen, abschaffen. Diese sollen daran gehindert werden, in der EU einen Asylantrag zu stellen. Eine individualrechtliche Prüfung wird unterbunden, und Abschiebungen in Lager an EU- Außengrenzen und in Drittländer werden erleichtert. Betroffen sind Frauen, Männer, Jugendliche und – auch – Kinder! Faktisch bedeutet das: Die Genfer Flüchtlingskonvention wird „ausgehebelt“, und Menschen in äußerst prekären Situationen haben kaum noch eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben.
Das ist Unrecht! Wir fordern die Beibehaltung des geltenden Asylrechts!


Aufnehmen statt Abschotten!
Vier Millionen Menschen aus der Ukraine hat die EU aufgenommen, ihre Rechte auf Schutz, auf Bildung, auf Arbeit, und auf soziale Sicherheit anerkannt. Diese Rechte gelten aber auch für Menschen aus anderen Ländern, die dort wegen Kriegssituationen oder individueller politischer Verfolgung keine Existenzmöglichkeit haben!
Die EU plant aber das Gegenteil: Menschen sollen während des Asylverfahrens in haftähnlichen Asylzentren an den EU-Außengrenzen untergebracht werden. Das betrifft Kinder und ihre Eltern, schwangere, psychisch kranke, behinderte, ältere und andere vulnerable Menschen. Einzig unbegleitete minderjährige Geflüchtete sollen hiervon ausgenommen werden (so sie ggf. ihre Minderjährigkeit durch Passdokumente beweisen können). Geflüchtete haben keinen Zugang zu individueller und unabhängiger rechtlicher Beratung, werden unter sehr schwierigen Bedingungen „eingepfercht“ und sind ggf. Machtmissbrauch in den Lagern hilflos ausgesetzt!
Wir fordern die Aufnahme von Geflüchteten in die EU-Länder, ihre Partizipation in unserer Gesellschaft, ein faires Asylverfahren – und Engagement gegen jede Ungleichbehandlung!

Hierbleiben statt Abschieben!
Die Abschiebung in Staaten, in denen Schutzsuchende nicht sicher leben können, soll leichter werden. Kann eine schnelle Abschiebung nicht umgesetzt werden, kann eine Abschiebehaft von bis zu 18 Monaten in den Haftzentren an der EU-Außengrenze vorgesehen werden! Aber auch bei Geflüchteten, die sich bereits innerhalb eines EU-Landes aufhalten, soll die Abschiebung priorisiert werden. Geflüchtete, für die im Rahmen von Dublin-Verfahren die Zuständigkeit eines anderen EU-Landes festgestellt wurde, sollen nicht mehr nur binnen sechs Monaten, sondern binnen zwei Jahren dorthin zurückgeschoben werden können.
Wir fordern: Menschen, deren Schutzstatus noch nicht oder schon sicher festgestellt ist, müssen in Sicherheit leben dürfen! Sie müssen weiterhin die Wahlfreiheit haben, in welchem Land sie leben möchten – wie die Geflüchteten aus der Ukraine… Ausgrenzung hilft nicht.
Auch Menschen im Asylverfahren brauchen eine Chance auf Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, auf menschenwürdiges Wohnen Geflüchtete sind willkommen! Davon profitiert auch unsere Gesellschaft!

Solidarität statt Hetze!
Die „Festung Europa“ hilft keinem Menschen. Geflüchtete werden noch gefährlichere Wege in Kauf nehmen, in Kauf nehmen müssen, um Sicherheit zu finden. Um was geht es in der EU? Um was geht es in Deutschland? Geht es um ein humanes, den Menschenrechten verpflichtetes, gemeinsames Asylsystem? Oder geht es darum, rassistische und rechtsextreme Tendenzen zu befördern – wie es neuerdings auch vermeintlich demokratische Politiker*innen im Bundestag tun? Wir stellen uns gegen jede rassistische, nationalistische und rechtsextreme Hetze!
Wir stehen solidarisch vor, neben und hinter Menschen, die unseren Schutz brauchen!

*Köln zeigt Haltung ist ein breites und buntes Bündnis aus der Kölner Stadtgesellschaft, das sich
konsequent für die Menschenrechte Geflüchteter einsetzt.

ERINNERN HEISST KÄMPFEN: Einladung zum Jahrestag des Nagelbombenanschlags an der Keupstraße

29. Mai 2023

Am 9. Juni 2004 explodierte in der Keupstraße in Köln-Mülheim eine Nagelbombe. Zahlreiche Menschen wurden verletzt, einige davon schwer. Die Betroffenen leiden bis heute unter den Folgen. Obwohl Zeugenaussagen und die Art der Bombe (ein mit Nägeln gefüllter Sprengsatz) sowie der Ort (eine belebte Geschäftsstraße) einen Terrorakt nahe legten, schloss der damalige Innenminister Otto Schily ein rechtsterroristisches Motiv bereits Stunden nach der Tat kategorisch aus. So richteten sich die Ermittlungen der Polizei bis zur Selbstenttarnung des NSU 2011 ausschließlich gegen die Menschen auf der Straße. Auch bei den anderen Verbrechen des NSU wurden die Opfer zu Tätern gemacht. Die Betroffenen bezeichneten die rassistischen Ermittlungen der Polizei deshalb auch als „Bombe nach der Bombe“. Auch nach zahlreichen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und dem NSU-Prozess in München bleiben viele Fragen offen. Die Betroffenen kämpfen bis heute gemeinsam mit zahlreichen Initiativen für Aufklärung, Entschädigung, Konsequenzen und Erinnerung.

In der Nähe des Tatortes an der Keupstraße soll nach den Wünschen der Betroffenen ein Mahnmal errichtet werden, das an die rassistischen Anschläge des NSU in Köln erinnert und die Geschichten der Betroffenen und die Kämpfe gegen Rassismus und Antisemitismus sichtbar macht. Die Initiative „Herkesin Meydanı — Platz für Alle“ hat kürzlich direkt gegenüber der Ecke, wo das Mahnmal entstehen wird, einen „Raum für Alle“ bezogen. Er wird am Vorabend des Gedenktages eröffnet und soll ein Ort der Begegnung, Erinnerung, Kunst und Kultur sein und Menschen aus der Straße, dem Viertel, der Stadt zusammenbringen.

Kommt zum Jahrestag des Nagelbombenanschlags auf die Keupstraße und zur Gedenkkundgebung.

Veranstaltung des Integrationsrates der Stadt Köln zum Jahrestag, Filmscreening von Interviews mit Betroffenen des Nagelbombenanschlags aus der Keupstraße sowie Auszüge aus dem Theaterstück „NSU-Monologe“
Freitag, 9. Juni 2023, 15 Uhr
Raum für Alle, Genovevastraße/Keupstraße, Köln-Mülheim

Gedenkkundgebung
am Jahrestag des Nagelbombenanschlag auf der Keupstraße
Freitag, 9. Juni 2023, 17 Uhr
Keupstraße/Schanzenstraße, Köln-Mülheim


Initiative Herkesin Meydanı — Platz für Alle, Genovevastraße 94, 51063 Köln, platzfueralle@posteo.de


Ostermarsch Köln, Samstag, 9. April, 11 Uhr, Heumarkt

31. März 2023

„Nichts legitimiert Krieg. Das gilt für alle Kriege weltweit. Kein Krieg führt zum Frieden. (…) Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich ernsthaft um Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen [im Ukrainekrieg] bemühen. Wir sagen nein zu Waffenlieferungen, sie verlängern und eskalieren den Krieg.“

(Aus dem Aufruf zum Kölner Ostermarsch)

Ostermarsch Köln, Samstag, 9. April, 11 Uhr, Heumarkt weiterlesen »

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