Wirbel um NS-Dokumentationszentrum

19. Juni 2022

Die seit langem überfällige Besetzung der vakanten Direktor*innen-Stelle des NS-Dokumentationszentrums hat in den Medien in den letzten Monaten Wellen geschlagen. Der Vorstand des Vereins EL-DE-Haus, Förderverein des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln war besorgt über die Nicht-Besetzung der Stelle des langjährigen Direktors des NS-DOK, Dr. Werner Jung. Der Termin seiner Verabschiedung in den Ruhestand im Oktober 2021 war seit eineinhalb Jahren bekannt. Die Ausschreibung erfolgte aber erst im Juni. Zu spät, um eine geordnete Übergabe hinzubekommen. Und dann wurde das Verfahren ganz gestoppt, um dem neuen Kulturdezernenten die Möglichkeit zu geben, seine Vorstellungen einzubringen. Es hieß, dass die Funktion bis auf weiteres auch nicht besetzt werden soll: „Das liegt an den Plänen, die vier historischen Museen Kölns stärker zu vernetzen, als integrale Bestandteile einer stringenten Präsentation von 2000 Jahren Kölner Geschichte.“ Diese Herangehensweise steht offensichtlich in Bezug zu einem Antrag „Neubau Historische Mitte“ vom Dezember 2021 der Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Volt. Wie die Pläne aussehen, weiß im Moment keiner so genau. Es werden „Synergieeffekte“ in Aussicht gestellt, was oft dann auch personelle Einsparungen zur Folge hat.

Deshalb wandte sich der Verein EL-DE-Haus an die Öffentlichkeit. Presse und Mitglieder wurden informiert. In dem Offenen Brief heißt es: „Man kann trefflich darüber streiten, ob das NS-Dokumentationszentrum tatsächlich geografisch und historisch in das Konzept der ,Historischen ‘Mitte“ passt. Das EL-DE-Haus, der Ort Kölns, der Rechenschaft über die barbarische NS-Zeit ablegt wie kein anderer Ort in Köln, war ganz sicherlich – im Gegensatz zu den anderen historischen Museen – nicht als ,historischer Ort‘ geplant. Im ,Kurzführer durch das EL-DE-Haus‘ heißt es dazu, warum die Gestapo diesen Ort für ihre Zentrale auswählte: ,im Herzen der Stadt […] befand es sich doch in unmittelbarer Nähe des Polizeipräsidiums in der Krebsgasse, des Gerichtsgebäudes und des Zentralgefängnisses Klingelpütz.‘

Im Mittelpunkt des EL-DE-Hauses steht die Gedenkstätte, nicht das Museum: die Gedenkstätte mit den Gefängniszellen und dem Innenhof, in dem die Hinrichtungen stattfanden. Orte, die Zeugnis ablegen über Verfolgung, Erniedrigung, Folter und Morde der Gestapo. Dass dieses Haus Gedenkstätte, Dokumentationszentrum, Forschungseinrichtung und Museum wurde, ist der langjährigen kontinuierlichen Arbeit dort und beharrlichem bürgerschaftlichem Engagement zu verdanken. … Die Funktion der Direktorin / des Direktors des NS-DOK weiter vakant zu lassen, bedeutet einen Bruch in der bisher erfolgreichen Arbeit dieses Hauses, und ist sowohl für die Beschäftigten des NS-DOK, als auch für seinen Förderverein ein Signal und Ausdruck mangelnder Wertschätzung und verkennt zudem die spezifischen Besonderheiten des NS-DOK.“

Es kam dann viel Unterstützung aus der Öffentlichkeit für diese Forderungen. Vor der Sitzung des Kulturausschusses der Stadt Köln am 5. April konnten die Co-Vorsitzenden des Vereins EL-DE-Haus e.V. Claudia Wörmann-Adam und Martin Soelle dem Beigeordneten für Kunst und Kultur, Stefan Charles, sowie den kulturpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen die Aufforderung zu Neubesetzung der Direktorenstelle des NS-Dok persönlich überreichen. Neben den Erstunterzeichnern waren bereits über 300 weitere Unterstützerzuschriften eingegangen. Auch die Gruppe „Kinder des Widerstandes“ hatte sich zu Wort gemeldet.

Der Vorstand des Vereins hat sich dann am 25. April nochmals mit dem Kulturdezernenten Stefan Charles getroffen. Der Dezernent hat zugesagt, bis Ende Mai die Ausschreibung fertig zu stellen und dann im Juni das Verfahren laufen zu lassen. Die Bewerbungsfrist soll vor den Sommerferien abgeschlossen werden und die Entscheidung durch eine Findungskommission dann zügig erfolgen. Die Oberbürgermeisterin hat sich unter Bezug auf die Gemeindeordnung allerdings die letzte Entscheidung vorbehalten. Der Verein EL-DE-Haus wird die weitere Entwicklung genau beobachten.

die ganze Auseinandersetzung ist auf der Webseite des Vereins EL-DE-Haus ausführlich dokumentiert: https://el-de-haus-koeln.de