Vergessene Massenverbrechen in der Kriegsendphase: Mahn- und Gedenkfahrt Köln-Lüdenscheid

11. Februar 2018

,

Mitarbeiter der Gedenkstätte „Gestapozellen im Alten Lüdenscheider Rathaus“, haben die Initiative ergriffen, um die Recherchen und Aktionen zur Erinnerung an fast vergessene NS-Massenverbrechen aus dem Rheinland und Südwestfalen im Frühjahr 1945 voranzubringen. Eine Gedenkfahrt ist für den 3. März 2018 geplant. Dazu ergeht dieser Aufruf der VVN-BdA NRW:

Vergessene Massenverbrechen in der Kriegsendphase: Mahn- und Gedenkfahrt Köln-LüdenscheidKurz vor der Befreiung von Krieg und Faschismus wurden im Frühjahr 1945 Tausende Antifaschistinnen und Antifaschisten von den Nazis „ausgeschaltet“ und ermordet. Während seit Herbst 1944 zahlreiche geheime Bemühungen von Nazioberen um eine Wende des Weltanschauungskrieges – eine Wende zu einer Einigung mit dem Westen zur Fortsetzung des Krieges gegen den Osten, die Sowjetunion – unternommen wurden, ist gleichzeitig ein Mordfeldzug gegen deutsche und ausländische Zwangsarbeiter/innen und Antifaschist/innen und gegen deutsche Soldaten, die dem Wahnsinn ein Ende bereiten wollten, in Gang gesetzt worden. Die Nazis befürchteten, widerständige deutsche und ausländische Arbeiterinnen und Arbeiter könnten sich die Früchte des bevorstehenden Sieges über den Faschismus durch gemeinsames Handeln sichern wollen. So sollte ihr Mitgestalten an einer Zukunft  ohne Nazis und Militaristen verhindert werden.

Diese Massenmorde wie auch die Massaker in den Konzentrationslagern und auf den Todesmärschen von den KZ nach Westen entsprachen dem Nachkriegs- und Überlebenskonzept des deutschen Faschismus. Gestapochef Müller hatte versichert: “Wir werden nicht den gleichen Fehler machen, der 1918 begangen wurde; wir werden unsere innerdeutschen Feinde nicht am Leben lassen.“ Die „innerdeutschen Freunde“ des Faschismus, die großen Konzerne, hatten hingegen freie Hand, um sich auf die Zeit nach Kriegsende einzustellen. Dazu sei an ein Treffen vom August 1944 erinnert.

Das bedeutete: Schutz für die Konzerne und Sklavenhalter, hingegen Mord an ihren Opfern, an Zwangsarbeitern und ihren deutschen Kollegen.

Dabei hat die Gestapo auch hier im Westen (Gestapo-Leitstelle Köln) eine (fast vergessene) Blutspur hinterlassen. Von Köln aus wurden mindestens 1.000 Gefangene aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und dem Rheinland vor den heranrückenden Westmächten durch das Bergische Land, z.B. Wipperfürth und Lindlar-Berghausen/Kaiserau in das älteste AEL/Arbeitserziehungslager Lüdenscheid-Hunswinkel und zu dem ca. 2 km entfernten Exekutionsort Hühnersiepen getrieben, wo im März und frühen April 1945 ca. 300 hingerichtet wurden. Viele kamen auf dem Todesmarsch ums Leben. Heute ist der entlegene Fleck Hühnersiepen eine kleine Kriegsgräberstätte.

Vor der Vertreibung der Gefangenen Richtung Osten verübte die Kölner Gestapo grausame Verbrechen. Vom 30. Januar bis 4. März 1945 (dem Tag des Einmarsches der Alliierten in Köln) wird von der Verhaftung von 500 Personen, darunter 220 Deutsche, berichtet. Von Januar bis März 1945 wurden in Köln 1.800 in- und ausländische Widerstandskämpfer, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Juden von den Faschisten ermordet. Genauere Angaben harren noch der Recherche.

Während die Kriegsendphasenverbrechen in Dortmund-Bittermark/Rombergpark sowie in der Wenzelnbergschlucht bei Solingen seit Jahrzehnten erforscht sind und würdige Gedenkveranstaltungen dazu stattfinden, muss eine solche Tradition auf der Strecke Köln-Lüdenscheid erst noch begründet werden. Wir gedenken der Opfer, aber wir mahnen auch, und wir warnen vor den Tätern. Ihre Untaten wurden nicht gesühnt. Entschädigungen, z.B. für die Zwangsarbeiter/innen blieben weitestgehend aus (siehe Kasten Hochtief). Rüstungsbetriebe von damals sind wieder ganz groß im Geschäft.

Deshalb rufen wir dazu auf: Für die Fortsetzung einer demokratischen Erinnerungsarbeit, für die Offenlegung aller Akten über die Verbrechen und die Verbrecher, gegen Rüstung und neue Kriege.

 

Gedenkfahrt am Samstag, den 3. März 2018

Im März 1945 fanden die Zwangs- und Todesmärsche der Gestapo Köln (aus Brauweiler, Müngersdorf Fremdarbeiterlager, Müngersdorf Judenlager, Klingelpütz, Gefängnis Siegburg u.a.) über Lindlar- Kaiserau/Berghausen, Wipperfürth nach Lüdenscheid/Hunswinkel und Wuppertal statt.

Am 3. März wollen wir dem gedenken:

10.30 Treffen am Eingang zum Tiefbahnhof Köln-Deutz, dann geht es zu den Bodeneinlassungen für die Deportationen aus Köln.

Informationen, Gedenken, politische Bedeutung für heute – Niederlegen von Blumen an der Gedenktafel für die Opfer der Deportationen der Gestapo Köln im Februar und März 1945.

11.00 Fahrt mit Bus nach Lindlar.
12.00 in Lindlar, Eintreffen zum Mittagsgeläut auf dem Kirchplatz bei St. Severin.

Dort zum Mittaggeläut Gedenken auf dem Marktplatz. Aufstellung einer symbolischen Gedenktafel für die vielen Gefangenen und Zwangsarbeiter in Kaiserau/Berghausen. Danach: Imbiss und Informationsaustausch.

14.00 Fahrt zur Klamer Brücke an der Versetalsperre.
15.00 Informationen und Gedenken nahe dem Arbeitserziehungslager Hunswinkel  in Sichtweite der Hinrichtungsstelle Hühnersiepen.

In Kooperation mit der Friedensgruppe Lüdenscheid.

16.00 Rückfahrt nach Köln. Ankunft und Ende in Köln-Deutz.

Teilnahme gegen Spende.

Anmeldung zur Busfahrt unter: nrw[at]vvn-bda[dot]de.