Die vielfältigen Proteste gegen den Parteitag der völkisch-rassistischen AfD im Kölner Maritim-Hotel waren ein großer Erfolg für die Kölner Antifaschist(inn)en und eine Schlappe für die rechten „Wutbürger“, deren Wählerzuspruch, traut man den Umfrageergebnissen, zu schwinden scheint. Als Provokation gegen das multinationale, „schwule“ (so die obligatorische Beschimpfung aus rechten Mündern) und mehrheitlich deutlich gegen Rechts stehende Köln gedacht, wurde der AfD-Parteitag, der wahlpolitische Erfolge bei Landtags- und Bundestagswahlen einläuten sollte, zum Debakel für seine Veranstalter. Geschätzt deutlich mehr als dreißigtausend Menschen waren auf den Beinen, um gutgelaunt und friedlich aber politisch deutlich klar zu machen, dass sie für all das stehen, was die Rechten hasserfüllt ablehnen.
Der Erfolg der Bewegung gegen Rechts liegt nicht nur in der Zahl der Demonstrant(inn)en. Vielleicht noch wichtiger, sind andere, längerfristig wirkende Tatsachen: Die Maritim-Gruppe, bisher ein beliebter Partner der AfD wenn es um Veranstaltungsräume ging, hat angekündigt, zukünftig die Rechtspartei nicht mehr zu beherbergen. Die Teilnehner(innen) an den Aktionen waren nicht nur die üblichen Verdächtigen, die ohnehin bereit sind, gegen Rassismus auf die Straße zu gehen – vertreten und gut sichtbar waren Teilnehmer(innen) aus den verschiedenen Religionsgemeinschaften, Gewerkschafter(innen) auch aus Gewerkschaften, die sonst häufig abseits stehen und natürlich der organisierte Karneval – auch wenn dessen Aktion örtlich aus dem Rahmen fiel und ganz anders war, als traditionelle Aktionen gegen Rechts. Die klare Parteinahme des Festkomittees war ein Novum, das nicht unterschätzt werden sollte.
Alles in allem können wir feststellen, dass es den Kölner Antifaschist(inn)en wieder einmal gelungen ist, die Stimmung der Mehrheit der Kölner(innen) hinter sich zu bringen. Ob „Kein Kölsch für Nazis“, Blockade oder Demonstration – Köln hat gezeigt, dass es sich nicht widerstandslos von Rechts vereinnahmen lässt. Möglicherweise ein gutes Symbol dafür, ist das fast völlige Fehlen rechter Wahlplakate im Stadtgebiet. Und noch ein nicht zu unterschätzender Erfolg: Die Versuche von Polizeiführung und willfährigen Medien, die Demonstrant(inn)en in gute, bunte, friedliche „Bürgerliche“ und marodierende, schwarzgewandete Chaoten (bei denen es sich natürlich um Auswärtige handelt), sind nicht aufgegangen. Das Verwaltungsgeriicht, dass erst am Dienstag nach Ostern die Polizeiführung zwang, den Heumarkt für die Kundgebungen beider Bündnisse freizugeben, bewies mehr Verstand als manche Beteiligte und legte den Grundstein für eine bunte Mischung der Demonstrant(inn)en. Da fanden sich Menschen unversehens im „schwarzen Block“ wieder ohne zu wissen, wie sie dort hineingekommen waren und fühlten sich durchaus wohl dabei.
Voraussetzung für diesen Riesenerfolg waren monatelange Aktivitäten vieler verschiedener Menschen in beiden Bündnissen, denen dafür nicht genug zu danken ist. Aber es gab auch Erscheinungen, die diesen Erfolg erschwert, ja vielleicht sogar verkleinert haben: Obwohl die Panikmache von Polizeiführung und Medien letztendlich nicht von Erfolg gekrönt war, hätten sich ohne die Tatarenmeldungen wahrscheinlich noch mehr Menschen an den Aktionen beteiligt. Auch SPD-Chef Jochen Ott blies öffentlichkeitswirksam und wahrscheinlich wahlkampfbedingt in das Horn von an reisenden militanten Gewalttätern (von denen übrigens am 22. April nichts zu sehen war). Er befindet sich allerdings im Irrtum, sollte er glauben, mit solcher Stimmungsmache Stimmen gewinnen zu können – die erhält normalerweise das rechte Original und nicht die schlechte sozialdemokratische Kopie.
Auch Rechthaberei und Arroganz, die in beiden Bündnissen vorkamen, trugen nicht dazu bei, eine Stimmung des „Gemeinsam gegen Rechts“ entstehen zu lassen. Weder der ominöse „schwarze Block“ noch SPD oder Grüne sind die Gegner einer breiten und vielgestaltigen Bewegung gegen Rassismus und völkischen Nationalismus.
Deutlich zu wünschen übrig ließ die Beteiligung von Menschen migrantischer Herkunft an den Aktionen. Damit sind natürlich nicht die, die dabei waren, gemeint, sondern die vielen Zehntausende die (noch) fehlten. Es ist noch nicht ausreichend gelungen, diese Menschen davon zu überzeugen, dass es direkt auch um ihre Interessen und ihre Zukunft geht. Dieses Problem, die angesprochenen Probleme und Hindernisse für gemeinsames oder doch eng koordiniertes Handeln, sollten in und zwischen den Bündnissen nach der Landtagswahl am 14. Mai kritisch und selbstkritisch besprochen werden. In den zwei Wochen bis dahin, gilt es, beispielsweise in den Reihen von „Kein Veedel für Rassismus“ die Bäume der AfD und der anderen Rechtsparteien nicht in den Himmel wachsen zu lassen. Dazu ist jede Stimme und jede Hand nötig.