Ein antifaschistischer Erfolg – doch es bleibt noch viel zu tun
10. Mai 2011
Auch wenn pro Köln/pro NRW das anders darstellt: der großspurig angekündigte (aber in Köln interessanterweise kaum beworbene) „Marsch für die Freiheit“, an dem laut Ankündigung der notorischen Großmäuler um die Herren Beisicht und Wiener deutlich über 1.000 („neben vielen Hundert Teilnehmern aus NRW werden hunderte weitere Teilnehmer…erwartet“) war für die Rassist(inn)en kein Erfolg.
Wenige hundert Teilnehmer(innen), von denen ein nicht unbeträchtlicher Teil von den flämischen Kumpanen vom Vlaams Belang gestellt wurden, gingen, wie man auf diversen Filmen im Internet gut erkennen kann, in sehr lichten Reihen und mit meist großem Abstand zueinander durch menschenleere, von der Polizei bereits Stunden vorher abgesperrte Straßen, verfolgt bzw. begrüßt von lautstarmem Protest vieler Antfaschist(inn)en. Selbst auf einschlägig rechten Webseiten und Blogs machen Teilnehmerzahlen von 300 die Runde. Erfolg sieht anders aus.
Ein Erfolg war dieser 7. Mai allerdings für all diejenigen, die seit Wochen und Monaten den Protest organisiert hatten, die planten, mobilisierten, Flugblätter verteilten, Plakate klebten, Transparente malten. Und es war ein Erfolg für alle, die an diesem Samstag auf Straßen und Plätzen , in der Deutzer Kirche Sankt Heribert und auf den Gleisen des Bahnhofs von Opladen zum Ausdruck brachten, dass sie nicht gewillt waren, dem Treiben der braunen Demagogen widerstandslos zuzuschauen. Menschen, die sich sonst politisch streiten und unterschiedlichste Interessen vertreten, Autonome, Christ (inn)en, Gewerkschafter(innen), Grüne, Kommunist(inn)en, Linke, Muslim(inn) en, Piraten, Schwule und Sozialdemokraten: sie stellten für diesen Tag die vorhandenen Differenzen in den Hintergrund und stritten geeinsam gegen den gemeinsamen Feind Rassismus, verkörpert in der selbsternannten Bürgerbewegung.[
Bei einer solch breiten Koalition, die auf den Straßen zusammen kommt, selbst gegen den erklärten Willen einiger Beteiligter aus bürgerlichen Parteien und Großorganisationen der „Zivilgesellschaft“, und die die Voraussetzung dafür ist, die Rassist(inn)en auch politisch zu stoppen, kann es nicht ausbleiben, dass die Zugänge und kulturellen Ausdrucksformen der Beteiligten äußerst unterschiedlich sind und sich vielleicht auch widersprechen. Diese Unterschiede und Widersprüche müssen nicht nur ausgehalten, sondern auch toleriert werden – von allen, die gegen Rechts aktiv sind. Ausgrenzung und Ignoranz schadet dem gemeinsamen Ziel.
Aber bei aller berechtigten Freude darüber, dass Beisicht und Konsorten auch diesmal ihren Plan, durch Köln zu marschieren wegen des großen Widerstandes nicht umsetzen konnten, bleiben Fragen, die bis zum nächsten Mal (und es steht zu befürchten, dass es ein nächstes Mal geben wird) beantwortet werden sollten. Zentral scheint mir dabei die Frage zu sein, wie wir noch mehr Menschen auf die Straßen bringen können, ihnen klar machen, dass es beim Kampf gegen Rechts, gegen alle Formen von Rassismus und für mehr Demokratie um ihre ureigenen Interessen geht. Wenn wir das schaffen, brauchen wir auch vor kommenden braunen Zusammenrottungen keine Angst zu haben, werden die Rechten in Zukunft nicht mal mehr einen Meter über den Rhein kommen. Bis dahin allerdings, werden wir noch viel Arbeit haben.