Erinnern: Eine Brücke in die Zukunft
12. Januar 2023
Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus
Thema: Gleichschaltung am Beispiel der Medien
Do., 26.Januar 2023, 18Uhr in der AntoniterCitykirche
Wir gedenken der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz und der Millionen Opfer des Nationalsozialismus.
Fake News, Desinformation, Unterdrückung und Zensur von Fakten sowie Hetznachrichten sind ein Mittel, politische Machtinteressen zu unterstützen und die Demokratie zu untergraben. Die Regeln für die politische Propaganda der NSDAP werden in Deutschland schon früh in „Mein Kampf“ festgelegt. Nach der Wahl am 5. März 1933, bei der die NSDAP 43,9% der Stimmen im Reichstag gewinnt, prägt die „Gleichschaltung“ der Massenmedien die politische Öffentlichkeit, die Gesellschaft, die Kultur samt Sprache bis in die Wortwahl hinein. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Presse und Rundfunk.
Die meisten Zeitungen sind dem Nationalsozialismus gegenüber vor 1933 zwar zurückhaltend bis feindlich eingestellt. Dennoch spiegelt sich die politische Radikalisierung und Polarisierung der Gesellschaft immer deutlicher auch in der Presse wider. Die geachtete Kölnische Zeitung hat schon vor 1933 ihre liberale Orientierung partiell aufgegeben. Örtliche Nazis fordern die Leser:innen auf, ihr Abonnement zu kündigen und hetzen gegen eine angebliche finanzielle Abhängigkeit von jüdischen Geldgebern. Viel Druck von außen ist nicht nötig. Auch der Verlag DuMont hält sich bald an die Vorgaben der Nazi-Propaganda.
Die Redakteure, jetzt Schriftleiter, haben über die Inhalte einer Zeitung zu wachen. Sie müssen „arischer Abstammung“ sein und sind verpflichtet, aus den Zeitungen alles fernzuhalten, was gegen die sogenannte „Ehre und Würde eines Deutschen“ verstößt bzw. die deutsche Wehrhaftigkeit schwächt. Mit der Verordnung „Zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28 2.1933, der sogenannten „Reichstagsbrandverordnung“, wird u.a. das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit außer Kraft gesetzt. Reichsweit werden ca. 60 kommunistische und 135 sozialdemokratische Zeitungen verboten. SA-Leute besetzen Druck- und Verlagshäuser. Chefredakteure wie Wilhelm Sollmann werden verprügelt und verhaftet, Vermögen beschlagnahmt und Immobilien enteignet.
„Der Westdeutsche Beobachter“, 1925 als wöchentliches Parteiorgan der NSDAP gegründet, entwickelt sich ab 1930 zur Tageszeitung. Als zweitgrößte NS-Zeitung im Deutschen Reich enthält insbesondere sein Lokalteil antisemitische und antiziganistische Hetze.
Die Leserschaft wird mit Artikeln wie „Meidet jüdische Ärzte u. Rechtsanwälte“ oder „Der Unfug der Wahrsagerei“ aufgewiegelt. Die Zeitung verbreitet Stereotype über die vermeintliche Boshaftigkeit, Kriminalität und Primitivität der Sinti:ze und Rom:nja. Aber nicht nur der „Westdeutsche Beobachter“, sondern auch die „Kölnische Zeitung“ reproduziert solche Lügen und Vorurteile bis weit nach 1945.
Schon 1932 gerät die Westdeutsche Rundfunk AG ins Visier der rechten Presse. Sie habe sich zu einer „Brutstätte pro-bolschewikischer Zersetzungsarbeit“ entwickelt, schreibt der „Westdeutsche Beobachter“. Im Frühjahr 1933 beginnt eine Entlassungswelle, bei der der Intendant Ernst Hardt und alle jüdischen Mitarbeiter:innen sowie sogenannte „politisch Unzuverlässige“ auf die Straße gesetzt werden. Darunter ist auch die Radiopionierin Marie-Theres van den Wyenbergh, die von 1928 bis 1933 den Frauenfunk leitete. Am Beispiel ihrer Sendereihe „Frauenstunde“ wird der große Verlust des anspruchsvollen Radio-Programms deutlich. Der Kölner Funk verkommt nach der Gleichschaltung durch die Nazis zu einer Propagandaveranstaltung mit Gute-Laune-Musik und gefälschter Kriegsberichterstattung.
Der Schwur der Überlebenden des KZ Buchenwald vom April 1945 ist immer noch aktuell: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“