Übernahme einer städtischen Patenschaft für die Seenotrettung statt für die Korvette „Köln“ – Dokumentiert: Offener Brief an den Rat der Stadt
15. August 2019
Die Stadt Köln hat auf Vorschlag der Deutschen Bundesmarine erneut die Patenschaft für ein Kriegsschiff übernommen. Das entspricht einer über 100 Jahre alten unseligen Tradition! In beiden Weltkriegen sind Kriegsschiffe mit dem Namen „Cöln“ bzw. „Köln“ eingesetzt worden.
Am 18. Juli 2018 verfügte es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, eine von fünf neuen Korvetten auf den Namen „Köln“ zu taufen. Sie konstatierte: „die gleichnamigen Städte übernehmen damit auch die Patenschaften für die Schiffe“ (Presse- und Informationszentrum Marine, Dezernat Pressearbeit, vom 1. August 2018).
Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, übermittelte am 20. Juli 2018 allen fünf (Ober-)BürgermeisterInnen die Entscheidung über die Namensgebung. Es wurde festgelegt, dass Herr Bürgermeister Bartsch in Vertretung von Frau Oberbürgermeisterin Reker an der Zeremonie der Kiellegung teilnehmen solle (siehe Sitzung vom 4. Februar 2019).
Für uns und viele Bürgerinnen und Bürger ist dieses Festhalten an einer militaristischen Tradition unzeitgemäß und nicht nachvollziehbar. Die Bevölkerung fühlt sich nicht nur durch klimabedingte Katastrophen, sondern auch durch den zunehmenden Einsatz militärischer Mittel und derzeit durch den Bruch internationaler Verträge durch die Großmächte bedroht.
Das Militär, somit auch die neuen Korvetten – letztlich Kriegsschiffe – sind Puzzleteile im Machtpoker um die Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen und den Erhalt von Einflussgebieten. Schwer kalkulierbare Konflikte sind vorprogrammiert und drohen, zu globalen kriegerischen Verwicklungen zu eskalieren. Die weitere Zunahme weltweiter Fluchtbewegungen ist zu befürchten. Der Einsatz nichtmilitärischer Strategien zur Lösung dieser Probleme ist stattdessen unbedingt notwendig!
Korvetten können, bedingt durch ihre hochmoderne Ausrüstung und dadurch langen Verweildauer auf See (bis zu 21 Tage) bei einem Einsatz im Mittelmeer auch zur Bekämpfung von Schleppern bzw. Rettungsschiffen herangezogen werden.
„Pro Asyl“ beklagte bereits 2016, der Einsatz der Marine gegen Schlepperboote sorge dafür, dass die Fluchtrouten länger, teurer und gefährlicher werden.
Eine humane Alternative ist einzig die Ausweitung der zivilen Seenot- Rettung, vor allem die Schaffung legaler, gefahrloser Migrationswege. Das wäre mit einem Bruchteil der Mittel, die für das Militär verschleudert werden, möglich.
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Die „Korvette Köln“ kostet 208 Millionen Euro.
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2017 hat „Sea-Watch“ mit nicht einmal 2 Millionen Euro den Einsatz von drei Schiffen der zivilen Seenotrettung, einem Flugzeug und einem Camp an Land finanziert, – die Initiative hat über 37 000 Menschen das Leben gerettet. Mit einer Ausweitung der zivilen Seenotrettung würde auch den Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen.
Die Stadt Köln ist seit April 1985 Mitglied bei den „Mayors For Peace“ und seit dem 24. Juli 2018 Mitglied im Städtebündnis „Städte sicherer Häfen“. Sie sollte sich entschieden in die Tradition dieses Engagements für Frieden und Menschenwürde stellen.
Wir fordern daher die Stadt Köln auf, die Übernahme der Patenschaft für die Korvette „Köln“ zurück zu nehmen, um ein deutliches Zeichen für Frieden und Humanität zu setzen.
Weiterhin fordern wir die Stadt Köln auf, dass sie sich im Rahmen der Seebrücke- Aktionen z.B. für das Chartern eines weiteren zivilen Rettungsschiffes einsetzt und die Patenschaft für ein Schiff der Seenotrettung übernimmt.
In Zeiten, in denen Seenotrettung und damit die Rettung von Menschenleben kriminalisiert und bestraft werden soll, ist in solches Signal seitens der Stadt Köln ein Gebot der Humanität.
Mit friedlichen Grüßen
Friedensforum Köln • Seebrücke Köln • Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e. V. (DFG VK) Gruppe Köln • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten Köln e.V. • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. • Friedensinitiative Köln Sülz-Klettenberg • Pax Christi Köln • Kein Mensch ist illegal • Eva-Maria Zimmermann (Geschäftsführerin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Köln) • Claus Ulrich Prölß (Geschäftsführer Kölner Flüchtlingsrat e. V.) • Ursula Forner (Hiroshima-Nagasiki Arbeitskreis Köln) • Hans Mörtter (Pfarrer der Lutherkirche Köln) • Kai Fiedler (Mitglied von Greenpeace Köln) • Kölner Frauengeschichtsverein • Arbeitskreis Zivilklausel Köln
Stand: 02.08.2019