15. Jahrestag des Nagelbombenanschlags in der Keupstraße: Das Mahnmal mahnt
15. August 2019
„Gibt es kein Mahnmal an den Anschlag“? Die immer wieder von Besuchern der Keupstraße gestellte Frage stand naturgemäß auch im Mittelpunkt der Veranstaltungen zum 15. Jahrestag des Anschlags am 9. Juni 2019.
Diskutiert wurde zwischen Wut, Resignation und Hoffnung. Die Opfer fühlen sich nicht gehört und nicht verstanden und nicht wenige werden an die Situation 2004 erinnert, wo sie immer wieder erklärten, es können nur Ausländerfeinde oder Nazis sein, die den Anschlag verübten – und niemand ihnen zuhörte.
So war in der heftig geführten öffentlichen Debatte zum x-ten Male das Argument vorgetragen worden: „Das ausgewählte Grundstück steht nicht zur Verfügung. Die Befürworter des Mahnmals müssen sich bewegen.“ Norbert Fuchs, der Mülheimer Bezirksbürgermeister fügte sogar selbstsicher im Express hinzu: „Wenn Ulf Aminde und Co so weiter machen, dann gibt es das Mahnmal in 10 Jahren noch nicht.“
Ist die Position der Betroffenen und der Befürworter wirklich so schwach, wie es Express, Rundschau und Stadtanzeiger und der Bezirksbürgermeister darstellen?
Wieso tauchen in der heftig vorgetragenen Verteidigung der Interessen der Investoren die bestehenden politischen und rechtlichen Gegebenheiten nicht auf, die das Mahnmal an dem gewünschten Platz unterstützen?
Da ist der Ratsbeschluss vom 11. Februar 2014:
„Im Quartier soll später ein ‚Erinnerungsort‘ gestaltet werden, der auf das Bombenattentat in der Keupstraße im Jahr 2004 verweist. Dieser könnte beispielsweise auf dem Platz- oder Freiraum an der Keupstraße eingerichtet werden.“
Da ist die Aufgabenstellung im Werkstattverfahren von 2015:
„ Städtebauliche Akzentuierung der Eingangssituation Schanzenstraße/Keupstraße, z.B. durch einen großzügigen, stadträumlichen Auftakt als öffentlicher Platz oder Grünfläche.“
bzw. unter ‚4.5 Freiflächen‘
„Im Quartier soll später ein „Erinnerungsort“ gestaltet werden, der auf das Bombenattentat in der Keupstraße im Jahr 2004 verweist. Dieser könnte beispielsweise auf einem Platz- oder Freiraum an der Keupstraße eingerichtet werden, …
(2016-04 gbf_muelheim_doku_finalg.pdf)
Da ist der Ratsbeschluss zum Mahnmal vom 15. Dezember 2015:
… beschließt, dass das Denkmal in der Keupstraße bzw. in ihrer unmittelbaren Nähe aufgestellt werden soll. Einen sehr guten Standort für das Denkmal stellt der infolge der Neugestaltung des alten Güterbahnhofs Ecke Keupstraße/Schanzenstraße entstehende neue Eingangsbereich dar.
Damit ist klar, dass das einstimmig erreichte Ergebnis des Mahnmalverfahrens am 6.11.2016, den Entwurf des Künstlers Ulf Aminde an der Ecke Schanzenstraße/Keupstraße zu verwirklichen, dem vom Rat und vom Werkstattverfahren gegebenen Vorgaben entspricht. Selbst der Architekt des Siegerentwurfs von RKW, Dieter Schmoll räumt in der Sendung des Deutschlandfunks vom 17.6.2019 ein:
„Das Rückversetzen des Gebäudes um sechs Meter von der Straßenflucht derzeit würde sicher nicht dem städtebaulichen Willen, den wir haben, entgegenstehen. Man könnte ja dem derzeitigen Eigentümer oder demjenigen, der dort seine wirtschaftlichen Interessen vertritt, einen Ausgleich gewähren, indem er an anderer Stelle etwas höher bauen darf und so wäre auch auf diese Art und Weise beiden Seiten Rechnung getragen.“
Und der Leiter des Werkstattverfahrens Professor Wachten wertet seine Schlussbemerkung im Abschlussbericht des Auswahlverfahrens als klare Empfehlung an den Rat:
„Am Übergang zur Keupstraße, im Kreuzungsbereich mit der Schanzenstraße, soll der Entwurf räumlich mehr „Luft lassen“. Ein Zurückrücken der Gebäudefront soll einen leichten Versatz in der Bauflucht erzeugen. Hier kann dann auch ein geeigneter Ort für das Denkmal entstehen. (2016-04 gbf_muelheim_doku_finalg.pdf, S. 21)
Die Veranstaltungen zum 15. Jahrestag des Anschlags haben gezeigt, dass die Wunden der Bombe, der sieben Jahren rassistischer Unterstellungen und diskriminierender Ermittlungen in den jetzt erneut vergangenen sieben Jahren nicht verheilt sind und das neue Verletzungen hinzugekommen sind und hinzukommen.
Sätze wie: Für den weiteren Abstimmungsprozess zum Standort sind nunmehr die Planungen der Eigentümer abzuwarten. lch habe im Austausch mit Herrn Odenthal bewusst keinen konkreten Termin für deren Vorlage festgelegt, da ich die eigentümerseitig erforderliche Bedenkzeit respektiere.
(Brief der Oberbürgermeisterin an die IG-Keupstraße am 22.8.2018)
… sind nicht hinnehmbar, denn sie verweisen weiter die Interessen der Opfer und der Straße in die letzte Reihe.
Von 2004-2011 haben gegenüber der Keupstraße rassistische Positionen die Diskussion bestimmt. Jetzt erleben dieselben Leute, wie über ein Mahnmal in unsäglicher Weise laviert und keine Stellung bezogen wird. Mit unterschiedlichen Maßnahmen muss Druck aufgebaut werden:
Bevor irgendein Bauplan eingereicht wird, muss ein klares Bekenntnis der Verwaltung und der OB zu den Ratsbeschlüssen und dem von ihnen vorgegebenen Standort des Mahnmals abgegeben werden: Ecke Schanzenstraße/Keupstraße! pb