Eine deutsche Karriere
15. August 2019
Wahrscheinlich ist die kurze Aufregung darüber, dass mit dem Heinz-Mohnen-Platz auf dem Gelände des ehemaligen Sülzer Kinderheims ein Mitglied von SA und NSDAP geehrt wird, auch dem medialen Sommerloch zu verdanken – dennoch wirft diese Ehrung gerade für Antifaschist(inn)en Fragen auf. Worum geht es bei dem „Fall Mohnen“?
Heinz Mohnen, geboren 1914 und verstorben 2005, war seit Dezember 1964 Stadtdirektor in Köln und wurde wenige Monate später, am 1. Oktober 1965 sogar Oberstadtdirektor also Leiter der Stadtverwaltung. Er war Mitglied der SPD und genoss die Unterstützung des Oberbürgermeisters John van Nes Ziegler (ebenfalls SPD). In der Amtszeit Mohnens wurden bedeutende Bauprojekte, wie Römisch-Germanisches Museum und Zoobrücke verwirklicht – Grund genug für die Stadt, auf Bitte von Mohnens Familie einen Platz nach ihm zu benennen.
Vor wenigen Wochen deckten dann Journalisten von Kölner StadtAnzeiger und Express auf, dass der Jurist Mohnen seit 1933 Mitglied der SA und seit 1937 NSDAP-Mitglied gewesen war. Warum er die SA nach recht kurzer Mitgliedschaft verließ, ist nicht völlig klar. Politische Gründe können angesichts der Tatsache, dass er danach Mitglied der Nazipartei wurde, keine Rolle gespielt haben. Mohnen war Jurist, ein damals wie heute in starkem Maß konservativer (und nicht selten opportunistischer) Berufsstand. Nach Promotion und großer Staatsprüfung wurde er Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er nach kurzer Zeit entlassen wurde. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er als unbelastet eingestuft.
Diese Einstufung war wichtig für Mohnens folgende Karriere: Bereits im April 1946 wurde er Richter am Landgericht Köln, im Januar 1951 ins NRW-Justizministerium berufen, danach Präsident des Landesarbeitsgerichts und seit 1957 Präsident des Amtsgerichts Köln. Die folgenden Stationen in der Stadtverwaltung sind bekannt. Mohnen verstarb hochgeehrt mit über 90 Jahren – über seine Nazivergangenheit herrschte nach 1945 Schweigen.
Nach den Enthüllungen der Presse herrschte im Rathaus kurz Aufregung. Die Frage, ob ein Mensch, der als junger Mann Mitglied der SA und der NSDAP war, dem aber keine Verbrechen vorgeworfen werden und der nach der Befreiung auch kein Nazi mehr war (sich als Antifaschist aber auch nicht hervortat), ein geeigneter Namensgeber für einen öffentlichen Platz sein kann, wurde allerdings von Politik und Verwaltung nicht entschieden sondern vertagt: Das NS-Dokumentationszentrum soll zu diesem Thema ein Gutachten erstellen.
Aber ist das wirklich nötig, um die Frage nach der Platzbenennung zu entscheiden? Namensgeber von öffentlichen Einrichtungen welcher Art auch immer sollten eine gewisse Vorbildfunktion haben. Zukünftige Generationen sollten stolz auf sie sein können, sie möglicherweise sogar als Vorbilder ansehen können. Eine gut bezahlte Tätigkeit als hoher Jurist und leitender Verwaltungsbeamter, der über „Jugendsünden“ erfolgreich Gras wachsen ließ, reicht dafür aus meiner Sicht nicht aus. Wir wäre es denn mit einer Umbenennung in „Kurt-Bachmann-Platz“? Oder, vielleicht noch angemessener „Platz des Nationalkomitees Freies Deutschland“ – schließlich liegt das Haus, in dem 1944 die Leitung der größten Kölner Widerstandsorganisation wirkte, nur wenige Meter vom Heinz-Mohnen-Platz entfernt.
(tri)