Kriegsendphasenverbechen in Köln
19. März 2018
In der Schlussphase des Krieges herrschte der blanke Terror. Die Gestapo machte von der Möglichkeit der „Sonderbehandlung“ massiv Gebrauch, d.h. von Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil. Im Hof des EL-DE-Hauses, der Gestapozentrale, stand ein Galgen, an dem eine nicht genau bekannte Zahl, bei einzelnen Aktionen aber mehr als 100 Personen, erhängt wurden. Außerdem fanden dort auch Erschießungen statt.
Im Hof des Klingelpütz fand man nach der Einnahme Kölns die Leichen von Häftlingen, die unmittelbar vor dem Abzug der Gestapo noch erschlagen worden waren. Im Klingelpütz wurden nachweislich auch 70 Deserteure mit dem Fallbeil getötet.
Neben dem Klingelpütz wurde ein schon von den Preußen errichteter Schießstand in Dünnwald in der NS-Zeit von der faschistischen Militärjustiz genutzt, um gerade in der Endphase noch Deserteure hinzurichten. Inzwischen weiß man von 25 Erschießungen, 2 davon im März und April 45, der jüngste Hingerichtete war erst 18 Jahre alt.
In Brauweiler waren im Frühjahr 45 noch viele Gefangene des Gestapokommandos Kütter untergebracht, u.a. die vielen Verhafteten des Nationalkomitees Freies Deutschland, die im November 44 festgenommen worden waren. Sie wurden kurz vor dem Einmarsch der Alliierten ins Zuchthaus Siegburg gebracht, obwohl dort eine Fleckfieber-Epidemie herrschte. Gauleiter Grohé drang darauf, alle diese Gefangenen zu erschießen und erwirkte auch noch einen entsprechenden „Führerbefehl“, von Bormann unterzeichnet. Zur Ausführung aber kam es nicht mehr. Von Siegburg aus waren trotz Typhusepidemie zwei Trecks in Bewegung gesetzt worden in das sog. Arbeitserziehungslager Wipperfürth und von dort nach Hunswinkel sowie in das Jugendgefängnis Marienschloss im hessischen Rockenberg.
Der Evakuierungsmarsch von Siegburg nach Wipperfürth war äußerst brutal. Gabriele Lotfi schildert es in ihrem Buch „KZ der Gestapo – Arbeitserziehungslager im Dritten Reich“ so: „Zahlreiche Männer und Frauen mussten gefesselt marschieren. Die Kranken, die dem Hunger und den Strapazen des Fußmarsches nicht gewachsen waren, wurden nicht zurückgelassen, sondern auf einen Wagen gehoben und sterbend nach Wipperfürth transportiert, ebenso mindestens 15 Tote, die am Wegesrand liegen geblieben waren. Die Gefangenen erlebten auf dem Weg mehrere Tieffliegerangriffe von Jagdbombern, während derer sie vom Stapo-Personal mit Maschinenpistolen daran gehindert wurden, in Deckung zu gehen.“ Unter den Teilnehmern dieses Marsches waren etliche Mitglieder des „Volksfrontkomitees Freies Deutschland“, darunter Jakob Zorn, Grete Humbach und Reinhold Heps. In dem hoffnungslos überfüllten Lager in Wipperfürth trafen die Brauweiler Häftlinge auf mehrere hundert aus dem Kölner Klingelpütz evakuierte Gestapoopfer. Beim Weitertransport nach Hunswinkel konnten einige fliehen, darunter Jakob Zorn und Reinhold Heps. Bei dem Transport ins hessische Rockenberg waren u.a. Heinz Humbach, Ferdi Hülser, Ferdi Steingass und Jean Jülich dabei.
Am 1. März 1945 wurde auch das sog. Judenlager geräumt in Müngersdorf geräumt, da die Alliierten Truppen näher rückten. Die Kranken wurden auf Handwagen nach Deutz gebracht, in einen noch erhaltenen Teil des Messelagers. Die restlichen Gefangenen mussten zu Fuß über Wipperfürth ins sauerländische Hunswinkel marschieren. Gabriele Lotfi: „Dieser Marsch wurde von den Gefangenen als äußerst brutal beschrieben. (Lagerleiter) Brodesser prügelte persönlich Gefangene, die erschöpft zurückblieben, mit seinem Eichenknüppel oder trat sie mit seinen Stiefeln, bis sie sich weiterschleppten. Mehrere halbjüdische Männer starben hungernd und ausgezehrt noch auf dem Weg oder gleich nach ihrer Ankunft in Hunswinkel.“