Von barmherzigen Samaritern und gewerkschaftlicher Friedenspolitik

geschrieben von tri

22. September 2015

Bedeutsam in mehrfacher Hinsicht war die Podiumsdiskussion zum Antikriegstag, die am 2. September im Kölner DGB-Haus stattfand und knapp 70 Besucher(innen) anzog. Den Veranstaltern, einem Bündnis unterschiedlicher Kölner Friedensorganisationen, der Gewerkschaft ver.di und der DIDF, war es zum Einen gelungen, das Podium prominent zu besetzen: Neben Manfred Kock, dem ehemaligen Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, diskutierten unter der Gesprächsleitung der Kölner Journalistin Anne Schulz der ehemalige Kölner DGB-Vorsitzende und heutige Sprecher des Runden Tisches für Integration, Wolfgang Uellenberg-van Dawen und der Vorsitzende der DFG-VK in Nordrhein-Westfalen, Joachim Schramm. Zum Anderen setzte der Ort der Veranstaltung ein Zeichen: Das DGB-Haus signalisierte, genau wie die Besetzung des Podiums, für wie wichtig die Veranstalter(innen) die aktive Beteiligung der Gewerkschaften (und der Kirchen) an der Friedensbewegung halten.

Was das betrifft, war die Veranstaltung ein voller Erfolg: Es war nicht nur gelungen, mit ver.di eine Gewerkschaft als Mitveranstalter zu gewinnen und damit an eine einige Jahre verschüttete Tradition der Beschäftigung von Gewerkschaften mit den Themen Krieg und Frieden anzuknüpfen, es gab auch die Aussage von Witich Rossmann, Vorsitzender der Kölner IG Metall, dem Kampf um Abrüstung künftig wieder einen größeren Platz in der gewerkschaftlichen Arbeit einzuräumen. Gerade in der IGM, der Gewerkschaft, in der ein nicht unbeträchtlicher Teil der Beschäftigten von Rüstungsunternehmen organisiert ist, ist das eine wichtige und nicht zu unterschätzende Aussage.
Inhaltlich herrschte in vieler Hinsicht Einigkeit, wenn auch natürlich die Zugänge zu den Themen durchaus unterschiedlich waren. Alle Diskutanten stellten angesichts der Masse an Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen nicht nur den Zusammenhang zwischen Krieg und Flüchtlingselend sondern auch den tieferen Zusammenhang zwischen deutschen Waffenlieferungen und Krieg sowie Wirtschaftspolitik und Verelendung des Südens dar.
Einigkeit herrschte auch darüber, dass es dringendst erforderlich sei, das alleinige Gewaltmonopol der UNO, das von den NATO-Staaten mit dem Krieg gegen Jugoslawien gebrochen wurde, wiederherzustellen. Damit würden Kriege zwar nicht verhindert, auch dürfe ein UNO-Mandat nicht zu „gerechten Kriegen“ führen, aber Angriffskriege der großen Akteure der Weltpolitik deutlich erschwert.
Manfred Kock benutzte das biblische Gleichnis vom barmherzigen Samariter, um die Frage zu stellen, was wichtiger sei: den „unter die Räuber Gefallenen“ zu helfen, ihre Not zu lindern, oder das Räuberunwesen zu beseitigen? Die Antwort auf seine Frage lieferte er mit: Es sei wichtig, das Übel an der Wurzel zu packen, für Frieden, gegen Waffenexporte und eine ungerechte Weltwirtschaftsordnung einzutreten und gleichzeitig konkrete Hilfe, beispielsweise für Flüchtlinge zu leisten – eine Sicht der Dinge, die wohl auch alle nichtreligiösen Friedensfreunde teilen können.
Es kamen viele Probleme zur Sprache und es wären wohl noch deutlich mehr zur Sprache gekommen, hätte mehr Zeit zur Verfügung gestanden.
Was hoffentlich bleibt, ist der Anfang eines Dialogs zwischen Kirchen, Gewerkschaften und traditioneller Friedensbewegung – er sollte möglichst nicht mehr abreißen und in ein gemeinsames konkretes Eintreten für den Frieden münden.