Das Leben geht weiter – ein Leben mit Musik und Widerstand
27. Oktober 2013
Esther Bejarano ist eine der letzten bekannten Überlebenden des Mädchenorchesters des Konzentrationslagers von Auschwitz. Die 1924 geborene Musikerin und Friedensaktivistin wurde im April 1943 in das Konzentrationslager deportiert. Das Mädchenorchester von Auschwitz, in dem Esther Bejarano fortan Akkordeon spielte, hatte die Aufgabe, zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor aufzuspielen. Auf einem Todesmarsch 1945 konnte sie fliehen. Sie wanderte nach Palästina aus und kehrte 15 Jahre später nach Deutschland zurück.
Am 13. September trug sich Esther Bejarano in das Goldene Buch der Stadt Köln ein. Oberbürgermeister Roters würdigte sie in einer sehr persönlich gehaltene Rede und erinnerte daran, dass sich Esther Bejarano seit vielen Jahren gegen Rechtsradikalismus engagiert und insbesondere Jugendliche über die Zeit des Nationalsozialismus aufklärt. Darum geht es auch in ihrem aktuellen Projekt, bei dem sie zusammen mit der deutsch-türkisch-italienischen Rapgruppe „Microphone Mafia“ aus Köln Musik macht.
Am Abend hatte Esther Bejarano dann ihren zweiten großen Auftritt, dieses Mal in der Lutherkirche in der Südstadt. Dort gab es wieder einmal eines der beliebten Konzerte mit den beiden Kölner Rappern von der Microphone Mafia. Den letzten Auftritt in Köln gab es am 8. Mai 2010 (und ein weiterer gemeinsamer Auftritt vor zwei Jahren fand leider aus gesundheitlichen Gründen ohne Bejarano statt). Und die etwa 100 ZuschauerInnen wurden nicht enttäuscht: In der ersten Hälfte des Abends las Bejarano aus ihrer Autobiographie vor. Spätestens hier wurde einem bewusst, was für ein bewegtes (und bewegendes) Leben diese Frau hinter sich hat – und auch mit was für einem Mut sie sich den Faschisten immer wieder entgegenstellte, etwa als sie in einer Fabrik, in der sie zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde, die Produktion von Bauteilen für die Kriegsmaschinerie sabotierte.
Danach ließ Bejarano mit dem Rapduo und ihrem Sohn Joram Bejarano dann gesungene statt geschriebene Worte sprechen. Dabei wurden sowohl alte Lieder vom ersten gemeinsamen Album „Per La Vita“ (2009) als auch vom im Frühjahr erschienenen Nachfolgeralbum „La Vita Continua“ (2013) gespielt. Das Repertoire reicht von jiddischen Liedern über türkische Klänge und französische Antikriegslieder bis zu wohlbekannten Klassikern wie „Bella Ciao“ und „Bandiera Rossa“. Sie alle eint dennoch eines: Es sind Lieder, die vom Widerstand gegen Unmenschlichkeit in all ihren Formen handeln. Es versteht sich von selbst, dass bei diesem „Heimspiel“ der Microphone Mafia auch ihre Version des Höhner-Songs „Wann jeiht d’r Himmel widder op“ nicht fehlen durfte – schließlich wollten Kutlu und Rossi ja das Publikum zum Mitsingen animieren. Überhaupt waren die beiden in guter Stimmung und zeigten sich sehr gesprächig. Man sieht ihnen den Spaß und das Herzblut an und vor allem den großen Respekt und die Bewunderung, die sie für Esther Bejarano empfinden. Und auch der scheint es zu gefallen: Ein drittes gemeinsames Album ist wohl alles andere als unwahrscheinlich.