Rede von Jewgeni Arefiev am 8.Mai
26. Mai 2024
Guten Tag!
Ich bin Sprecher der Gruppe Münster der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner:innen.
Ich unterstütze die Forderung von Esther Bejarano – der 8. Mai muss ein gesetzlicher Feiertag werden! Für die Sowjetunion war der 9. Mai Tag des Sieges. Die Sowjetunion hatte im 2. Weltkrieg 27 Millionen Tote zu beklagen. Deswegen heißt es im bekannten Lied auf Russisch „Den‘ pobedy so slezami na glazach. – Tag des Sieges mit den Tränen in den Augen“. Fast jede Familie ist betroffen. Wir sind bis heute dadurch traumatisiert.
Die Sowjetunion war ein Vielvölkerstaat, eine Union von 15 Republiken, die gemäß der Verfassung aus dieser Union austreten durften. Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken hat den höchsten Blutzoll für die Befreiung vom Faschismus gezahlt. Die Flagge der Sowjetunion ist keine Nationalflagge, darf nicht wie jetzt in Berlin verboten werden, ist als geschichtsträchtiges Symbol der Befreiung vom Faschismus zu respektieren, wehte ab dem 2. Mai 1945 über dem Reichstag. Die Geschichte umschreiben zu wollen ist schlicht und ergreifend Revanchismus!
Die Toten der Kriege rufen nicht zur Rache auf wie die revanchistischen Kriegerdenkmäler es darstellen! Die Kriegstoten haben es ganz bestimmt nicht gewollt, dass ihre Kinder und Kindeskinder ihnen mit ins Grab, in den Tod folgen, was vor allem in einem Atomkrieg der Fall sein wird. Ein Atomkrieg ist ganz bestimmt nicht zu gewinnen!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Sollten nicht ALLE Antifaschistinnen und Antifaschisten sein? Es ist nur peinlich, dass die Gemeinnützigkeit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten zeitweise aberkannt wurde. Was ist gemeinnütziger als Antifaschismus, der die Demokratie verteidigen und ausbauen will?
Die universellen Menschenrechte müssen geschützt werden! Wir fordern Schutz und Asyl für alle Kriegsdienstgegnerinnen und Kriegsdienstgegner, Deserteurinnen und Deserteure, Kriegsdienstverweigerinnen und Kriegsdienstverweigerer!
Die Soldaten der 16. Panzer-Division aus Münster waren Täter und gleichzeitig Opfer des Krieges in der Partnerstadt von Köln Wolgograd, damals Stalingrad. Nur wenige davon haben überlebt.
Jeder Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit! Die Welt braucht keine gerechten Kriege! Das, was wir brauchen ist ein gerechter Frieden! Weltfrieden!
Eins der Überbleibsel des 2. Weltkrieges ist es, dass bis heute kein Friedensvertrag zwischen Russland und Japan besteht. Und hat der Zwei-plus-Vier-Vertrag noch Bestand? Darin heißt es doch: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. … Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.“ Die Waffen werden aber eingesetzt und sie bringen keinen Frieden, sie bringen Krieg!
Ein russisches Sprichwort besagt, dass sogar „ein ungeladenes Gewehr einmal pro Jahr schießt“. Noch mehr Waffen, vor allem Atomwaffen, bringen keine Sicherheit, sondern erhöhen das Risiko, zum Einsatz zu kommen. Frieden schaffen ohne Waffen! Es kann nur eine kollektive Sicherheit geben!
Die Russen und die Ukrainer haben zusammen im 2. Weltkrieg den Faschismus besiegt, u.a. durch soziale Verteidigung, z. B. Sabotage. Leider wurden ihre Nachfahren durch den Nationalismus dazu gebracht, wegen der Grenzen, der Kapitalinteressen der Oligarchien und der geopolitischen Staatsinteressen sich gegenseitig abzuschlachten. Sie werfen sich gegenseitig Faschismus vor.
In Münster kämpfen wir darum, dass Straßen, die nach Faschisten benannt sind, endlich umbenannt werden. Gleichzeitig werden in den ukrainischen Städten die Straßen und Plätze nach dem Faschisten Stepan Bandera benannt, so auch die zentrale Straße in der Solidaritätspartnerstadt von Münster Winnytsja, ohne dass ein Wort der Kritik von den Vertretern meiner Stadt geäußert wird. Davor trug diese Straße den Namen des Pazifisten Leo Tolstoi, der das Roman „Krieg und Frieden“ über den russisch-französischen Krieg von 1812 geschrieben hat.
Der Nationalismus geht Hand in Hand mit dem Militarismus. Die so genannte Alternative für Deutschland kann uns nicht täuschen. Sie ist rechts und unterstützt rechte Regierungen. Sie ist ganz bestimmt keine Friedenspartei und ist auf dem Holzweg. Denn – wer Hass und Hetze sät, erntet am Ende Krieg und Tod. Wehret den Anfängen! Verwirklicht die Demokratie!
Die Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen lehrt uns, dass die zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland nicht abgebrochen werden darf, weil sie nachhaltig dem Frieden dient. Der Schüler:innen- und Studierendenaustausch hat eine friedliche Zukunft. Machen wir den Frieden zum Ernstfall!
Die Russen und die Ukrainer liegen zusammen in den Massengräbern des 1. und des 2. Weltkrieges. So auch über 60.000 sowjetische Kriegsgefangene im Stammlager (Stalag) 326 (VI K) in Stukenbrock-Senne bei Bielefeld. Dort darf nun endlich doch die bis heute in Deutschland fehlende nationale Gedenkstätte für sowjetische Kriegsgefangene, eine der größten Opfergruppen des Faschismus entstehen.
War die über 2-jährige Blockade Leningrads ein Genozid? – Ja! Er muss von Deutschland anerkannt werden, um das Leid und die Würde der Opfer anzuerkennen und dauerhafte Versöhnung zu ermöglichen.
Es muss heute Alles dafür getan werden, den Krieg in der Ukraine zu beenden, Nationalismus und Militarismus überall zu bekämpfen. Frieden muss verhandelt werden!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Keinen Millimeter den Nazis!
Hoch die internationale Solidarität!