Lesung: Fritz Bilz „Im Schatten des Kölner Doms“
19. November 2023
Unsere nächste Veranstaltung:
Samstag, 9. Dezember 2023, 16.00 Uhr
Fritz Bilz liest aus seinem Buch „Im Schatten des Kölner Doms – Bausteine einer Gegengeschichte“. Anschließend Gelegenheit zur Diskussion.
Ort: Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3, Offener Treff (Gebäude auf der rechten Seite, neben dem Infobüro)
Hier die Rezension aus der letzten „Antifaschismus heute“:
Benötigen wir noch Bausteine zum Dom?
Über den Dom (und wenn KölnerInnen einfach nur „Dom“ sagen, meinen sie immer den Dom, nämlich ihren) gibt es unzählige Veröffentlichungen. Bücher, Aufsätze, Filme, Funkbeiträge – die Menge ist unübersehbar. Brauchen wir wirklich noch eine, noch dazu eine, die zwar in einem Kölner Verlag erschienen ist, der sich aber sicher nicht als Verlag für Kölnliteratur versteht, sondern als Veröffentlichungsplattform für engagierte, fortschrittliche Bücher?
„Im Schatten des Doms zu Köln – Bausteine einer Gegengeschichte“ hat unser Kamerad Fritz Bilz sein neuestes Buch genannt, das bereits im zweiten Jahr seiner Existenz auf dem Buchmarkt in einer zweiten Auflage vorliegt. Dieser Verkaufserfolg ist schon mal ein erster Hinweis darauf, dass es viele Menschen gibt, die der Meinung sind, dass es durchaus noch ein Buch über den Dom geben sollte. Vielleicht auch deshalb, weil der Titel in die Irre führt. Geht es doch in Wirklichkeit gar nicht in erster Linie um den Dom als Bauwerk, als wunderschönes Beispiel für gotische Kathedralarchitektur, als Zeugnis ingenieurtechnischer Meisterleistungen und die Jahrhunderte überdauernder Handwerkskunst, sondern um gute 1.600 Jahre christlicher Herrschaft und katholischen Einflusses in, über und auf das hillije Kölle.
Insofern ist der Untertitel „Bausteine einer Gegengeschichte“ treffend, aber wer würde schon ein Buch mit einem solchen Titel erwerben wollen? Genau genommen handelt es sich um 18 Bausteine, die der Wortbaumeister Fritz Bilz zu einem kleinen Buchgebäude zusammengefügt hat. Er beginnt beim Bau der ersten christlichen Kirche auf dem hervorgehobenen Platz, auf dem der Dom immer noch steht (wie hervorgehoben lässt die architektonische Todsünde der Domplatte leider nur noch erahnen), behandelt Pogrome gegen die jüdischen BürgerInnen Kölns, die Verbrechen gegen Frauen während des jahrhundertelangen Hexenwahns, den Terror gegen Andersgläubige während der Gegenreformation, das Mit- und Gegeneinander von Thron und Altar im 19. Jahrhundert (dem wir die Fertigstellung des Doms überhaupt erst zu verdanken haben), die schmähliche Haltung der katholischen Amtskirche während des Faschismus und endet mit dem andauernden Skandal der jährlich stattfindenden Soldatengottesdienste und den viel zu langsam aufgearbeiteten Missbrauchsfällen gegen Kinder durch Geistliche.
Fritz Bilz´ Arbeit stellt sich in eine Reihe mit den nicht sehr zahlreichen kritischen Veröffentlichungen zur Kölner Geschichte – die katholische Kirche war jahrhundertelang der bestimmende Faktor dieser Geschichte und ist bestimmt auch heute noch ein bestimmender Faktor. 1979 erschien im Vorläufer des PapyRossa-Verlages, dem Pahl-Rugenstein Verlag, der leider dem historischen Roll-Back der „Wende“ zum Opfer fiel, die bis heute unverzichtbare Veröffentlichung „Das andere Köln – Demokratische Traditionen seit der Französischen Revolution“.
Das hier besprochene Buch ist eine Art Nachfolger, rein materiell weniger umfangreich zwar und ohne akademischen Anspruch (inhaltlich aber wissenschaftlich solide) und einen größeren Zeitraum behandelnd. Enthielt der Vorläufer eine Reihe von Aufsätzen (u.a. vom damaligen Kölner Vorsitzenden der VVN-BdA, Walter Kuchta), hat Fritz Bilz Bausteine geliefert. Es wäre schön (und dringend nötig), wenn diese Bausteine, wie auch viele andere Einzeldarstellungen Material für ein größeres Buchgebäude zur Kölner Geschichte aus fortschrittlicher Sicht werden könnte.
Um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen: Brauchen wir eine solches Buch? Wir brauchen es und, was nicht unwesentlich ist, es bereitet auch noch großes Vergnügen, es zu lesen.