Gedenkkundgebung: Gegen das Vergessen, Erinnerung muss erkämpft werden
12. Januar 2023
Donnerstag, 19. Januar 2023, 18 Uhr Probsteigasse/Blumenstr.
mit Edith Lunnebach, Nebenklagevertreterin der betroffenen Familie und Seda Başay-Yıldız Rechtsanwältin der Familie Şimşek, die seit August 2018 Morddrohungen vom „NSU 2.0“ bekommen hat, die Daten aus Computern der Polizei enthielten.
Am 19. Januar 2001 explodierte in der Probsteigasse in Köln eine Bombe in einem Laden einer deutsch-iranischen Familie. Die damals 19-jährige Tochter hatte eine Keksdose, die mit Sprengstoff gefüllt war, geöffnet und wurde lebensgefährlich verletzt. Die Bombe hatte ein junger Deutscher vor Weihnachten im Laden hinterlassen. „Die Hintergründe des Anschlags sind unklar. Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben ‚in alle Richtungen‘“, berichtete der Kölner Stadtanzeiger: „Ein persönliches Motiv schließen die Ermittler ebenso wenig aus wie einen fremdenfeindlichen Anschlag. ‚Vielleicht geht es um Schutzgelderpressung‘, meint ein Nachbar. In den letzten Jahren habe der Geschäftsinhaber vermehrt öffentliche Auseinandersetzungen mit Landsleuten gehabt – direkt vor dem Laden.“
Die Polizei stellte eine 20-köpfige Mordkommission (EK Probst) auf, die ein Phantombild des mutmaßlichen Attentäters veröffentlichte. Doch die Ermittlungen verliefen im Sande. Keine der beteiligten Behörden maß dem Anschlag größere Bedeutung bei, stellte der Untersuchungsausschuss des Landtags fest. Dabei gab es eine heiße Spur, das Phantombild wies auf einen stadtbekannten Kölner Nazi hin, der wie sich später herausstellte, ein Informant des Verfassungsschutzes war.
Doch die Kölner Polizei konzentrierte ihre Ermittlungen auf die Betroffenen und ihr Umfeld. Dabei hätten Abfragen beim BKA oder Recherchen in Zeitungen nach weiteren Anschlägen gegen migrantische Gewerbetreibende genügt, um Verbindungen zu der NSU-Mordserie, dessen erstes Opfer im September 2000 Enver Şimşek war, herzustellen. Dass der Bombenanschlag in der Probsteigasse überhaupt der rassistischen Mordserie zuzurechnen ist, wurde erst durch die Selbstenttarnung des NSU 2011 bekannt. Die Anschläge des NSU sind Teil einer rechten und rassistischen Kontinuität. Dass Anschläge häufig nicht umfassend aufgeklärt und nur vermeintliche „Einzeltäter:innen“ verurteilt werden, trägt weiter zur Verharmlosung bei – und dazu, dass Betroffene weiterhin in Angst leben müssen. So ist der Anschlag in der Probsteigasse nicht das einzige unaufgeklärte rassistische Attentat in Köln und Umgebung. Bis heute sind die Täter:innen zahlreicher weiterer Verbrechen auf freiem Fuß, darunter einer Serie von Brandanschlägen seit 1992, uA auf ein Flüchtlingsunterkunft in Humboldt-Gremberg, bei dem neun Rom*nja zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Eine 61-jährige Frau starb zwei Wochen später an den Folgen ihrer Verletzungen. Bei einem weiteren Brandanschlag auf einen Lebensmittelladen in der Trierer Straße Anfang Februar 1994 kam nur deshalb niemand zu Schaden, weil ein Taxifahrer die Explosion der Molotowcocktails gesehen und sofort die Feuerwehr verständigt hatte.
Die rassistischen Angriffe ziehen sich weiter, u.A. über den NSU 2.0 – sogar mit explizitem Bezug auf den NSU.
Wir kämpfen weiter für Erinnerung Aufklärung !
Es rufen auf:
Initiative Herkesin Meydani – Platz für Alle
Interventionistische Linke Köln
LUX