Neonazis und Hooligans randalierten Polizei spielt Gefahr herunter
5. November 2014
Geschätzte 4000 „Hooligans gegen Salafisten“(HoGeSa)-SympathisantInnen aus der gesamten BRD versammelten sich am 26.10. am Breslauer Platz. HoGeSa behauptet von sich, mit Politik nichts zu tun zu haben, es ginge lediglich um „die Sache“, den Protest gegen „Salafisten“. Rufe wie „Frei Sozial National“, „Hier marschiert der nationale Widerstand” und „Deutschland, Deutschland“ prägten jedoch ihre Kundgebung und verliehen ihr den Charakter einer nationalistischen und islamfeindlichen Manifestation. Neben extrem rechten Hooligans beteiligten sich Mitglieder „freier Kameradschaften“, der NPD oder der Partei „Die Rechte“ an der Veranstaltung. Das „Freie Netz Hessen“ war ebenso wie die „Identitäre Bewegung“ mit einem eigenen Transparent vertreten.
Das Kölner Bündnis „Kein Veedel für Rassismus“ hatte zu einer Gegenkundgebung aufgerufen. Hier ihr Bericht: Die Kundgebung von „Kein Veedel für Rassismus“ begann um 14.00 Uhr, verlief absolut friedlich und wurde mit einer geschlossenen Demonstration um 16.30 Uhr durch die Stadt bis zum Friesenplatz beendet. Auf der Kundgebung selber wiesen verschiedene Redner*innen – u.a. von „kein mensch ist illegal“, „Kein Veedel für Rassismus“, der Initiative „Keupstraße ist überall“, ver.di, VVN-BdA, des Antifa AK u.a. auf den rassistischen und gewaltbereiten Charakter von HoGeSa hin. Außerdem gab es ein Musikprogramm, Peter Brings trat mit einem Wortbeitrag auf. Unsere Kundgebungsleitung machte die Polizei mehrere Male darauf aufmerksam, dass Hool-/Nazigruppen unsere Kundgebung stören und angreifen wollten. Eine Reihe unserer Teilnehmer*innen postierte sich daraufhin mit Transparenten vor den Bahnhofseingängen zum Schutz unserer Kundgebung. Auf weiten Strecken unbegleitet von der Polizei konnten fast 4.000 gewaltbereite Hooligans und Neonazis im Anschluss an eine Kundgebung auf dem Breslauer-Platz demonstrieren. Dabei wurden Fotograf*innen, Journalist*innen und Passanten am Eigelstein, und im Kunibertsviertel angegriffen und verletzt. Gegen Ende der Demonstration eskalierte die Situation am und auf dem Breslauer-Platz. Die Anhänger*innen der HoGeSa zündeten Böller, warfen Flaschen und einen Polizei-Bulli um. Die Lage am Breslauer-Platz war lange außer Kontrolle. Die Randale konnte fast ungehindert von der Polizei stattfinden. Die Randalierer*innen konnten nach einiger Zeit den Breslauer-Platz ungehindert verlassen. Diese Situation war lange vorhersehbar. „Kein Veedel für Rassismus“ hatte schon im Vorbereitungsgespräch mit der Polizei mehrfach darauf hingewiesen, dass Auseinandersetzungen vorprogrammiert wären. Umso unverständlicher ist das Konzept der Polizei gewesen. Wie auch von uns vorhergesagt nahmen zahlreiche organisierte Neonazis an der Kundgebung und Versammlung teil. Dominik Roeseler („Pro NRW“) führte die Demonstration der HoGeSa mit an. Weitere Neonazigruppen aus dem Ruhrgebiet und Rheinland, unter ihnen Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt waren ebenfalls in Köln. NRW-Innenminister Ralf Jäger verteidigte das Konzept der Sicherheitskräfte am Morgen des 27.10. im ZDF, „das Konzept habe funktioniert“. Angesichts stundenlanger gewalttätiger Übergriffe von Neonazis und Hooligans auf Passanten, Journalist/innen und Polizisten mit weit über 50 Verletzten können wir dieser Einschätzung nur entschieden widersprechen. Das einzige Konzept, was die Polizei hatte, war linke und rechtsradikale Demonstrant*innen auseinanderzuhalten. Da hat Herr Jäger Recht, das hat funktioniert, wenn auch nur durch unsere tätige Mithilfe. Was gar nicht funktioniert hat, war der Schutz der Bevölkerung vor rechter Gewalt. Dafür gab es einfach kein Konzept, sondern nur die bekannte Blindheit deutscher Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge, was das rechtsradikale Gewaltpotential betrifft. Der Umgang der Sicherheitsbehörden mit dem NSU und der Keupstraße in Köln lässt grüßen. Auf der Kundgebung sprach Peter Trinogga für die VVN -BdA. Wir dokumentieren seine Rede: Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Freunde, sind die Nachrichten aus Kobane, der Stadt, deren Bewohnerinnen und Bewohner seit Wochen verzweifelt um Ihre Freiheit ringen, nicht dazu angetan, heute, morgen und in Zukunft nicht nachlassend gegen die djihadistische Mörderbande, die sich „Islamischer Staat“ nennt, aktiv zu werden? Sind die Schlächter von kurdischen, jezidischen, schiitischen und christlichen Menschen, von Tausenden, die sich ihren mittelalterlichen Vorstellungen nicht unterwerfen wollen, nicht diejenigen, gegen die wir, alle religiösen, weltanschaulichen und politischen Unterschiede beiseite schiebend, zusammenstehen müssen? Warum stehen wir dann hier vor dem Bahnhof und protestieren gegen Leute, die für sich in Anspruch nehmen, gegen den Salafismus zu sein? Ist das nicht ein Widerspruch? Nein, denn die HoGeSa, die „Hooligans gegen Salafismus“, die Neonazis und Rassisten, die wenige hundert Meter von hier entfernt ihre menschenfeindlichen Parolen herausbrüllen, sind genau aus dem gleichen Holz geschnitzt, wie die selbsternannten Gotteskrieger. Es eint sie der gleiche wahnhafte Hass auf alle diejenigen, die nicht so sind und auch nicht so sein wollen, wie sie selbst. Liebe Freundinnen und Freunde, auf dem Breslauer Platz und im Kunibertsviertel geht es nicht um Salafismus, um Scharia oder um Solidarität mit den Menschen in den kurdischen Gebieten. Die meisten, die jetzt dort stehen, werden von Menschenfeindlichkeit, von Rassismus, von Neofaschismus angetrieben. Um das zu beweisen, lasst mich einige Eintragungen von der Facebookseite, auf der die Hooligan-Demonstration beworben wird, zitieren: w Über die schwarz-rot-goldene Deutschlandfahne, die die Rassisten so gerne schwenken, heißt es: „Wer sich für diese Drecksfarben hergibt, braucht sich über die heutige Situation gar nicht zu bescheren“. Der Autor dieser Zeilen liefe nämlich lieber unter der schwarz-weiß-roten Reichsflagge.
- Wir Antifaschisten werden als „links-rot-grün versiffte Gegendemonstranten“ beschimpft.
- Ein Dritter meint: „Ich kann nicht mehr zusehen, wie mein Land ausgesaugt wird und letztlich daran kaputt geht“.
- Und es wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, nur leicht verhüllt zu rassistischen Pogromen aufzurufen: „Auf geht’s nach Hoyerswerda, da hatten wir das Spielchen schon mal, vor ca. 23 Jahren.
Das waren nur vier Beispiele aus einer Vielzahl Brechreiz erregender Kommentare. Auf den Facebookseiten der HOGESA und ähnlicher Gruppierungen toben sich der „gesundes deutsches Volksempfinden“ genannte Rassismus genauso aus, wie Neonazismus, menschenverachtende Dummheit und Brutalität. Diejenigen, die so schreiben, die sind nicht gegen Salafisten – die sind gegen die Menschenrechte! Und deshalb gilt es, sie genauso zu bekämpfen, wie ihre Brüder im Geiste, die Propagandisten der djihadistischen Mörderbanden in Syrien und im Irak. Die einen sprechen von Gott (und das ist nicht der Gott der allermeisten Muslime) und meinen eine feudalistische, religiös verbrämte Diktatur. Die anderen reden von Salafismus und wollen ein in ihren Augen ethnisch reines Deutschland, in dem für andere Menschen, Fremde, Andersgläubige und Andersdenkende kein Platz sein soll. Sie geben sich unterschiedlich, ja feindlich, und meinen doch Gleiches – und darum bekämpfen wir beide. Wir wollen eine demokratische Welt, in der weder Platz für Rassisten noch für selbstberufene Gotteskrieger ist.