Entscheidung über Prozess gegen Dogan Akhanli vertagt
27. Oktober 2013
Für den 4.10.2013 hatte das Gericht in Istanbul eine Entscheidung angekündigt, ob der Prozess gegen Dogan Akhanli wieder aufgerollt wird. Das Gericht hat entschieden, keine Entscheidung zu treffen, sondern hat für den 20.12.13 angekündigt, eine Entscheidung treffen zu wollen. Möglicherweise…
Der Haftbefehl gegen Dogan Akhanli bleibt aber in Kraft, das ist entschieden, aber auch darüber wird am 20.12.13 angeblich noch einmal erneut entschieden.
Das Gericht nimmt sich also die Freiheit, nicht zu entscheiden und hält so Dogan Akhanli weiterhin von der Türkei fern. Deshalb hat der „Angeklagte“ sich heute selber für die Freiheit vom Prozess entschieden.
Hier ist seine Erklärung:
Nach der Aufhebung meines Freispruchs durch den Kassationshof in Ankara hat das Verfahren gegen mich unkorrigierbar einen Kafkaesken Charakter bekommen.
Derselbe Kassationshof, der hinter der Ermordung Hrant Dinks keine Organisation gefunden hat, unterstellt mir erneut, ich sei unter dem Decknamen „DOĞAN K.“ der Kopf einer terroristischen Organisation gewesen, und erwartet von mir, ich solle meine „Hinrichtung“ auch noch mit den Anklägern gemeinsam inszenieren.
Als Literat kenne ich die erschreckende Anpassungsfähigkeit und das tragische Ende von Josef K., des Protagonisten von Kafkas Roman „Der Prozess“. Deshalb bin ich schon am 8.12.2010, dem ersten Prozesstag gegen mich, mit meinem Schweigen und geschützt von der öffentlichen Solidarität dem Kafkaesken Raum entflohen, den die türkische Justiz für mich gemauert hatte.
Nun will das Gericht mich mit aller Macht zurück in diesen Raum zerren. Ich stemme mich dagegen, ich werde nicht zurückkehren. Der türkischen Justiz gilt auch künftig mein Schweigen. Ich bin nicht Kafkas Romanfigur, die sich am Ende ihres „Prozesses“ mit einem Fleischermesser „freiwillig“ hinrichten ließ und doch von jedem Leser wieder neu zum Leben erweckt wird. Ich habe im Unterschied zu einer Romanfigur nur ein einziges Leben. Und ich will dieses Leben nicht in einer Kafkaesken Farce verbringen.
Ich steige aus. Ich werde vor der türkischen Justiz nicht mehr erscheinen, nicht freiwillig, nicht erzwungen. Ich nehme mir damit die Freiheit, die sie mir verweigern will. Ich werde frei sein, aus eigenem Willen.
Ich tue das auch deshalb, weil „mein“ Prozess menschenrechtlich und politisch betrachtet ein Teil der zahlreichen ungerechten Prozesse ist, die in der Türkei mit lärmender Willkür und Arroganz eröffnet, durchgeführt und beendet werden. Ich weiß mich mit meiner Entscheidung, mich diesem Verfahren zu verweigern, an der Seite derer, die jeweils auf ihre Weise der hoffnungslos unrechtsstaatlichen türkischen Justiz die Stirn bieten.