Fritz Theilen, Edelweißpirat (1927 – 2012)

geschrieben von tri

22. April 2012

Fritz Theilen ist tot. Er verstarb in der vergangenen Woche überraschend im Alter von 84 Jahren. Mit ihm verliert Köln wieder einen derjenigen, die als Jugendliche als Edelweißpiraten Widerstand leisteten und dafür von den Nazis verfolgt wurden. Wir verlieren aber auch einen Menschen, der, solange es seine Gesundheit zuließ, unzähligen Jugendlichen als authentischer Zeitzeuge zur Verfügung stand, der als erster bereits in den achtziger Jahren ein Buch über seine Erlebnisse schrieb, der von Anfang an für die Rehabilitierung der Edelweißpiraten (an eine Ehrung durch offizielle Stellen war in dieser Zeit noch nicht zu denken) eintrat und wir verlieren einen bescheidenen und sympathischen Antifaschisten.

Fritz Theilen wurde am 1927 in Ehrenfeld geboren. Aus dem Jungvolk der HJ wegen Befehlsverweigerung ausgeschlossen, kommt er in Kontakt zu unangepassten, nazifeindlichen Jugendlichen und etwas später mit den Ehrenfelder Edelweißpiraten. 1943 wird er zum ersten Mal verhaftet und im EL-De-Haus sowie in Brauweiler gequält. Nach einigen Wochen wird er entlassen, nachdem er von der Gestapo zu strengstem Stillschweigen verpflichtet worden war. „Vorher waren wir nur darauf aus, nichts mit der HJ zu tun zu haben. Aber nun entwickelte sich daraus aktiver Widerstand“, sagte er in einem Interview. 1944 wieder verhaftet (zu seinem Glück vor der Gruppe um Bartholomäus Schink, was ihm vermutlich das Leben rettete) beginnt eine Odyssee durch verschiedene Lager, aus denen der siebzehnjährige immer wieder flüchten kann. Die Befreiung vom Faschismus erlebt er in Pfronten im Allgäu, von wo er im August 1945 ins zerstörte Köln heimkehren kann.

Fritz Theilen musste erleben, dass sich bei Ford wenig geändert hatte: „Als ich 1946 bei Ford wieder anfing, da waren alle Nazis noch da….Selbst die Leute vom Werkschutz, die damals die Zwangsarbeiter misshandelten, waren alle noch dort.“ Er bleibt politisch aktiv, in der Gewerkschaft, der SPD (aus der er 1966 austritt), der DKP, in der er seit ihrer Gründung 1968 organisiert war, der VVN/BdA. 1977 ist er einer der Gründer der „Initiative Edelweißpiraten als Antifaschisten“ und Jahr für Jahr am 10 November, dem Jahrestag der Ermordung seiner Freunde am Mahnmal an der Bartholomäus-Schink-Straße zu treffen. Egal ob tausende Menschen demonstrierten oder nur ein Dutzend der Toten gedachte, Fritz war immer dabei. Auf die Bühne, auf der er in den letzten Jahren sitzen sollte, kam er nur ungern – man konnte den Eindruck gewinnen, dass ihm die Ehrungen eher lästig waren – sie entsprachen nicht seiner bescheidenen Art.

Wie sein Freund Jean Jülich, den er nur wenige Monate überlebte, wird er fehlen – am 10. November in Ehrenfeld und auch sonst. Uns bleibt nur, seiner Familie unsere tiefe Anteilnahme auszudrücken, die Erinnerung an die Edelweißpiraten und den antifaschistischen Widerstand überhaupt wach zu halten und in seinem Sinn weiter gegen Rechts aktiv zu bleiben.