„Kein Werben fürs Töten und Sterben“
13. September 2010
Bonn: Gemeinsam mit Friedensinitiativen, Jugendgruppen und Organisationen protestierte die VVN-BdA unter dem Motto „Kein Werben fürs Töten und Sterben“ mit einem Dauerinfostand gegen das Auftreten der Bundeswehr mit ihren so genannten „Karriere-Treffs“ an Schulen und im öffentlichen Raum.
Bei einer zweistündigen Auftaktkundgebung, moderiert von Manni Stenner von der Friedenskooperative Bonn und einer Vertreterin der Bonner Jugendbewegung, wurde noch einmal darauf hingewiesen, wie die Bundeswehr mit irreführender Werbung in Form einer „bunten Erlebniswelt“ versucht, junge Menschen zu einer Ausbildung für den „Kriegseinsatz“ zu überzeugen, ohne das Resultat von Kampfeinsätzen in Form von Zerstörung, Verstümmelung, Leid und Tod zu erwähnen. Wie den folgenden Redebeiträgen zu entnehmen war, gibt es viele Gründe die hinter einer solchen Vorgehensweise der Bundeswehr stecken. Gerade in einer Friedens- und UN-Stadt, als die sich Bonn gerne bezeichnet, muss solchen Methoden entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden.
Markus Groß von der Kölner Initiative „Bundeswehr wegtreten!“ wies noch einmal auf den Jahrestag des Massakers in Kundus hin, bei dem bis zu 142 Menschen starben und das dem damals verantwortlichen Befehlshaber Oberst Klein bis heute keine rechtlichen Konsequenzen drohen. Hauptleidtragend sei die afghanische Zivilbevölkerung, aber auch zunehmend deutsche Soldaten werden Opfer der Kriegshandlungen. Daher könne die massive Werbung der Bundeswehr an Schulen und im öffentlichen Raum nur das Ziel verfolgen Menschen für das Schlachten zu gewinnen. Diese Anwerbemethoden wurden erst durch den 2008 von der schwarz/gelben Regierung geschlossenen Kooperationsvertrag zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Wehrbereichskommando der Bundeswehr möglich. Daher fordert „Bundeswehr wegtreten“ den Kooperationsvertrag umgehend aufzukündigen.
Paul Schäfer, MdB Die Linke und Mitglied im Verteidigungsausschuss kritisierte in seiner Rede die Beteiligung der Bundeswehr an Militäreinsätzen wie in Afghanistan. Je mehr Soldaten nach Afghanistan geschickt werden, desto mehr Gewalt wird damit produziert. Die Truppen abziehen sei der einzige Weg dem zu entgehen. Doch stattdessen soll durch Personaleinsparungen die Bundeswehr schlagkräftiger und effizienter gemacht werden, um auch in Zukunft die deutschen Interessen im Ausland zu vertreten. Das es hierbei aber hauptsächlich um die Sicherung der Zugänge zu den Ölvorkommen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen geht, wird von der Bundeswehr natürlich nicht erwähnt.
Das die Stadt Bonn gerade jetzt den Beschluss gefasst hat, einem 350 Mio. Euro teuren Einsatzgruppenversorger Namenspate zu stehen kritisierte Hannelore Tölke, Stadtverordnete Die Linke, in Ihrem Redebeitrag. So mische sich militärische Außenpolitik auch in die Kommunalpolitik. Für diese 350 Mio. Euro hätten Kindergärten, Schulen und Studentenwohnheime gebaut bzw. renoviert werden können. Stattdessen wird mit humanitären Aufträgen der Einsatz des Einsatzgruppenversorgers begründet. Das dieser allerdings in einem Flottenverbund für die Versorgung der Kriegsflotten zuständig ist, bleibt unerwähnt. Derzeit finden, außer in Afghanistan, weitere NATO Militär Einsätze im Mittleren Osten und am Rand von Afrika statt. Diese Gelder sollten besser für ein Greenpeace Schiff oder für die Unterstützung von Flüchtlingsschiffen eingesetzt werden, so Hannelore Tölke. Eine Friedens- und UN Stadt wie Bonn kann nicht Pate stehen für ein Kriegsschiff.
Auch die Bonner Pax Christi Gruppe mit Ihrem Redner Martin Singer wies darauf hin wie wichtig es sei Alternativen in der Friedensbewegung aufzuzeigen. Die Bundeswehr dürfe nicht für den Schutz deutscher Wirtschaftsinteressen mit Waffengewalt eingesetzt werden. Es gelte Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen, politische Alternativen müssten ausgearbeitet werden. Nur durch den Abzug des Militärs könne ein Friede von Innen in Afghanistan entstehen. Zusammen mit der 3. Welt und den Ökologiebewegungen müssten Lösungsansätze erarbeitet werden.
Die militärische Sicherstellung der Handels- und Rohstoffrouten wurden auch von der Bonner Jugendbewegung scharf kritisiert. In ihrem Beitrag verwies sie auf den 2006 gefassten Beschluss zwischen CDU und SPD im so genannten „Weißbuch der Bundeswehr“ die Aufrechterhaltung der „Rohstoff- und Warenströme“ zu sichern und auch „in geographisch weit entfernte Regionen […]bewaffnete Einsätze“ zu führen. Die Bundeswehr nutze gezielt die Zukunftsängste vieler Jugendlicher aus. Viele hätten nach ihrem Abschluss keinen Ausbildungsplatz oder nicht genug Geld für ein Studium. Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland steige stetig an. Das Versprechen einer guten Ausbildung und Aufstiegschancen auf der „Karriereleiter“ der Bundeswehr knüpfe genau an diese Ängste junger Menschen an. Daher fordert die Bonner Jugendbewegung „Bundeswehr raus aus Afghanistan und raus aus Schulen, Jobcentern, Arbeitsämtern und Berufsmessen.
Musikalisch wurde die Kundgebung durch den lautstarken Einsatz einer „Samba-Truppe“ und von der Kölner Liedermacherin „Blue Flower“, die mit themenbezogenen Liedern zum Nachdenken anregte unterstützt.
Im Laufe des Tages konnte das Bündnis immer wieder mit kreativen Einzelaktionen wie z.B. mit Großpuppen und Riesentransparenten zum „wegschirmen“ der Trucks auf sich aufmerksam machen und damit viele Passanten zu einer kritischen Betrachtung der Situation bewegen. Ein allzu großer Zustrom von Interessenten am Bundeswehr-Truck konnte so verhindert werden. Einzig die von den Schulen und Berufsschulen in Bussen „rangekarrten“ Klassen blieb die Indoktrinierung der Bundeswehr nicht erspart.
Regen Zuspruch bekam das Bündnis von vielen Passanten, die sich an dem Infostand mit Informationsmaterial versorgten und die Protestaktionen mit Beifall belohnten.
Abschließend sei noch bemerkt, das dass Werben der Bundeswehr unter Jugendlichen und das Rekrutieren unter 17 Jahren gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstößt und somit eigentlich illegal ist.
Flugblatt (237 KB / 2 S.)